Bremer Spulen-Götter und ihre Ära
#1
Moin, moin,

eigentlich hatte ich in den letzten Tagen mit anderen Foren-Mitglieder spielen wollen. Dann musste ich mich doch allein mit einem Neuzugang aus dem letzten Jahr beschäftigen ...


In meiner Jugend waren mir Geräte deutscher Hersteller nicht unbekannt gewesen; schließlich war meine erste HiFi-Anlage aus dem Neckermann-Katalog entsprungen. Später besuchte mich ersatzweise ein Optonica-Tuner, lag bei uns Zuhause auch ein Technics-Katalog herum, doch daneben eben auch Prospekte von Grundig und Saba.
Tatsächlich kamen HiFi-Geräte für mich weniger aus einem Lande, viel mehr aus einem Laden.

Trotzdem hatte ich frühzeitig gewisse Vorbehalte gegen Geräte von deutschen Herstellern entwickelt. Nicht wegen ihrer Qualität oder weil auswärtige Produkte in irgendetwas „besser“ gewesen wären. Vielmehr, weil das Röhrenradio meines Vaters halt „Telefunken Concertino“ geheißen hatte …
Mal ehrlich: Einem Jungen, der an Superman-Comics gewöhnt ist und beginnt, sich in den siebziger Jahren für „Hi-Fi“ zu interessieren, ist schon der Firmenname „Telefunken“ suspekt: „Funken“? Hatte es nicht für einen Blitz gereicht? Fern-Funken? Was soll das? Und dann noch „Concertino“? Niedlich; ein Mini-Konzert? Konnte eine Firma, die solche Namen verwendet, überhaupt HiFi-kompatibel sein? Und dann gab es hierzulande noch Bezeichnungen wie Opus, Hymnus, Sinfonia, Toccata, Quadronado, Freudenstadt oder Rigoletto. Suspekt!
Andere boten da Reelles: „X-55“ - so hieß ein Stratosphären-Jet.

Erst in den achtziger Jahren rehabilitierte sich in meinen Augen beispielsweise Telefunken, als ich eher zufällig an einen CN750 Highcom gekommen war. Der hatte zumindest technisch und funktional überzeugt! Und strahlende LEDs hat der auch.
Es hatte jedoch noch Jahre gedauert bis ich herausfand, „Nordmende“ stand nicht quasi als Synonym für Gelsenkirchener Barock.

Was wäre wohl gewesen, wäre ich ein paar Jahre früher auf die Welt gekommen? Einen „Optonica“ und nicht nur den Technics-Katalog hatte es da noch nicht gegeben.
Vielleicht hätte ich auch eine andere Beziehung zu Bezeichnungen gehabt, mir bei verkrampften Anglizismen in Firmennamen und Typenbezeichnungen eher verwundert die Augen (Ohren?) gerieben. Vielleicht hätte ich mich erinnert, dass Rundfunk in Deutschland ohne „Telefunken“ nicht möglich gewesen war, dass der vielleicht beste Tonabnehmer der Welt in den vierziger Jahren den Namen Telefunken getragen und dass die AEG das Magnettonbandgerät erfunden hatte.
Wer jetzt erwartet, dass ich einen Artikel über AEG und Telefunken schreibe, der muss noch etwas länger warten.


In der ersten Mai-Ausgabe der Zeitschrift FUNK-TECHNIK von 1958 (S. 291) bewarb Grundig eine neue Gerätegeneration und stellte dabei stolz die eigene Marktbedeutung dar: "Grundig liefert 74% aller Tonbandgeräte. Rund 3/4 der Produktion aller im vergangenen Jahr in Deutschland hergestellten Tonbandgeräte wurden von uns geliefert. …"
Im selben Heft schrieb W. Dziekan von der Telefunken GmbH über die Situation um die Magnetband-Technik in jenem Frühjahr: „Die Verbreitung der Heim-Magnettongeräte hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Das UKW-Programm mit seiner hohen Wiedergabequalität begünstigte diese Entwicklung, steigerte aber gleichzeitig auch die Anforderungen an die Magnettongeräte erheblich.
Die heute auf dem Markt befindlichen Geräte zeigen, daß man in den letzten Jahren den kleinen Bandgeschwindigkeiten 9,5 cm/s und 4,75 cm/s den Vorrang gibt; die Geschwindigkeit 19 cm/s, ehemals die bevorzugte Geschwindigkeit der Heim-Magnettongeräte, verliert ständig an Bedeutung. …
" [52]

   

Auf der am 27.4.1958 eröffneten Deutschen Industrie-Messe Hannover zeigte die Norddeutsche Mende-Rundfunk KG eine Neuheit und in der ebenfalls am 27.04.1958 erschienenen Haus-Zeitschrift AM MIKROFON veröffentlichte Nordmende passend eine „Kleine Vorschau": „Nordmende-Werk erweitert seine Produktion auf Tonbandgeräte. Nach gründlichen technischen und fabrikatorischen Vorbereitungen wird in wenigen Monaten im Nordmende-Werk auch die Produktion von Tonbandgeräten aufgenommen. …" [3]
Gemeint als Produktionsstätte war das ehemalige Fokke-Wulf-Werk in der Dietrich-Wilkens-Straße, wie ein früherer Qualitäts-Tester der Firma im September 2007 im HiFi-Forum berichtet hat.

Warum Nordmende in die Herstellung von Bandgeräten eingestiegen war? Herr Dziekan hatte die Situation erklärt: Zweifellos schien der Markt inzwischen interessant.
Und an der Entwicklung der Bandmaschinen-Technologie bei Nordmende war jemand beteiligt gewesen, der mit ihr möglicherweise schon vorher in Kontakt gekommen war: Der Diplom-Ingenieur Gottfried Hentschel hatte ehemals für Telefunken gearbeitet und war nach Kriegsende zur Norddeutschen Mende gekommen. Beispielsweise der Patent-Antrag für eine „Einrichtung zur Vermeidung von Verschlingungen langgestreckter, umspulbarer Tonträger von Magnettongeräten“ [15] trägt den Namen des Erfinders Hentschel. Die „beanspruchte Priorität“ weist auf eine „Schaustellung“ auf der Hannover-Messe 1958 hin, somit auf den Titan. Titan?
Die gleiche Priorität zeigt übrigens der Antrag für eine „Vorrichtung zum Spannen eines Band- oder Drahtförmigen Tonträgers in Geräten zur Schallaufzeichnung und -wiedergabe, insbesondere eines Tonbandes in Magnettongeräten“ [16].

Für Hentschel hatte Mende schon 1956 einen Patent-Antrag für eine „Antriebsanordnung für Geräte zur Schallaufzeichnung und -wiedergabe, insbesondere Magnettongeräte“ [17] eingereicht gehabt, bei der es um eine Anlage mit noch übereinander angeordneten Spulen gegangen war. Es folgten Gebrauchsmuster-Anmeldungen der Nordmende für eine „Vorrichtung zum Abbremsen von Bandwickeleinrichtungen, insbesondere von Bandspulen in Tonbandgeräten“ [18] und für eine „Hydraulische Antriebseinrichtung für Tonbandgeräte“ [19].
Die letzte Anmeldung von Herr Hentschel für Nordmende, die das Amt verzeichnet, stammt aus dem Jahr 1974 und betrifft die Filmabtastung.


Titan“?
Definitiv ist hier keine mexikanische Elektro-/House-Band gemeint, auch wenn in manchen sozialen Medien garantiert das Gegenteil behauptet werden wird! Aber ein griechischer Migrant ist mein Tonbandgerät ebenso wenig, wie eine amerikanische Rakete: die kam später.

   

Noch in der April-Ausgabe von AM MIKROFON beschränkte man sich auf eine Vorschau: „Demnächst bringt Nordmende sein HiFi-Tonbandgerät 'Titan' auf den Markt, das in Qualität und Aufmachung ein Spitzenerzeugnis ist. Nordmende 'Titan' wird sowohl als Koffergerät als auch zum Einbau in Konzertschränke und Kombinationen geliefert. …" [3]
Ein sogenanntes Tischgerät, im eigenen Gehäuse aber ohne Verstärker und Lautsprecher, so also notwendig zum Anschluss an ein Radio, sollte hingegen nicht ins Tonbandgeräte-Angebot aufgenommen werden.

Die Zielgruppe des Titan erklärt der niederländische Nordmende-Prospekt für 1959: „… Het is een waardevol bezit voor musici, scholen en verenigingen en een bron van vreugde in familie- en vriendenkring. ...“ Nicht nur im Privaten sollte er verwendet werden, vor allem Vereine, Schulen und Musiker sollten den Titan einsetzen können. [61]

Bereits in der Oktober-Ausgabe 1958 [6] des nominell alle sechs bis acht Wochen erscheinenden Magazins boten die Bremer die Koffer-Version dann für DM 848 und das Einbau-Chassis für 698 D-Mark an.
Das Koffergerät repräsentierte also den Gegenwert von etwa 1009,5 kg, also von etwa drei Kubikmeter Brot. Im Jahre 2009 hätte das einem Kaufpreis von 3.432,38€ entsprochen.
Im VDRG Großhandelskatalog tauchte der Titan in der Ausgabe für 1958/59 [23] erstmals und zu den genannten Preisen auf. Im britischen HIFI-YEARBOOK [25] debütierte der Titan in der Ausgabe für 1959 für 91 Pfund und 9 Schilling.


Die Preise in der Bundesrepublik waren übrigens festgelegt gewesen. Für Nordmende-Geräte, nicht für Brot.
Im Spätsommer 1958, so berichtete DER SPIEGEL hatten die „... dreizehn bedeutendsten Unternehmen (Anm.: AEG, Blaupunkt, Braun, Graetz, Grundig, Loewe Opta, Metz, Nordmende, Deutsche Philips, Saba, Schaub-Lorenz, Siemens und Telefunken) der Rundfunk- und Fernseh-Industrie den Handel an diese Kette fester Endverkaufspreise gelegt ..." und beim Bundeskartellamt in Berlin „... die sogenannte Preisbindung der zweiten Hand …" [27] für ihre Produkte angemeldet gehabt. Damit sollte weiter sinkenden Preisen ein Riegel vorgeschoben werden. Die Bindung der Verbraucherpreise war schon seit Jahren diskutiert worden, doch hatten sich Handel und Industrie bis dahin nicht auf die Bedingungen einigen können.
Die „Preisbindung der zweiten Hand“ bedeutet, dass die Hersteller mit dem Handel, der „zweiten Hand“, einen Vertrag geschlossen hatten, dass dieser dem Verbraucher keinen Rabatt gewähren werde. Über die „Freiwilligkeit“ solchen Vertragsschlusses kann man streiten; das ist heutzutage mit Verträgen mit den Anbietern von Plattform-Technologien nicht anders. Das Kartellamt überprüfte damals jedoch nicht die Einhaltung von Fairness, sondern nur die des Wettbewerbs-Rechts.

Wer über den Begriff „Richtpreis“ [23] im VDRG-HANDBUCH gestolpert ist, dem sei gesagt, das Begriffs-Verwendungen sich im Laufe der Jahre ändern können. Wo heute bestenfalls ein „staatlicher Richtpreis“ einen Festpreis meint, repräsentiert der sogenannte „Richtpreis“ in der Wirtschaft, seit der Abschaffung der Preisbindung der zweiten Hand im Jahre 1974, lediglich eine Preis-Empfehlung. Das aber war früher anders gewesen!
So hatte DER SPIEGEL am 6.08.1958 berichtet, der Kartellsenat des Oberlandesgericht Frankfurt hätte kurz zuvor „… das im Kartellgesetz grundsätzlich verankerte Recht auf Preisbindung der zweiten Hand ...“ bestätigt und einem Uhrenhersteller das Recht zugesprochen gehabt, seine „… Einzelhändler an die Leine fester Richtpreise ...“ [28] zu nehmen. „Fester Richtpreise“ meint keine „Empfehlungen“. Das wäre der „unverbindliche Richtpreis“ gewesen. Man durfte sich nicht, der Handel musste sich nach den Vorgaben richten! Andernfalls drohten Konventionalstrafen.

Die Anmeldung der Richtpreise beim Amt war im Falle der Rundfunk-Firmen wohl Folge der „weiter gestiegenen Kosten" für die Herstellung von Fernseh- und Rundfunkgeräten gewesen. Neben den Rohstoff-Preisen war es vor allem der Faktor Arbeit gewesen, der immer teurer geworden war: AM MIKROFON (Ausgabe 6, Jahrgang 6, S. 32) betitelte im Frühling 1959, „Gestiegene Löhne, verteuerte Rohstoffe und verkürzte Arbeitszeit werden sich auswirken.
Immer weitere Versuche der Rationalisierung waren die Folge gewesen: So hatte Karl Tetzner am 1.08.1957 in DIE ZEIT, zur Großen Deutschen Rundfunk-, Fernseh- und Phonoschau berichtet, „... Durch unterschiedliche Endstufen, Variation der Gehäuse, der Zahl und Größe der Lautsprecher und der Zahl der Tasten lassen sich alle Preisklassen besetzen. …" [29] So konnten manche Hersteller zwar bis zu 35 verschiedene Rundfunkgeräte-Modelle anbieten, doch hätte tatsächlich keine Fabrik mehr als lediglich fünf tatsächlich unterschiedliche Chassis gebaut gehabt. So etwas spart Geld. „... „Anders wäre der Preisindex von etwa 98 (1938 = 100) nicht zu halten! Hier kommt zu Hilfe, daß heute nur noch rd. 10 Arbeitsstunden für das Zusammenbauen, Prüfen und Verpacken eines Mittelklassensupers gegenüber 25 Stunden im Jahre 1938 aufzuwenden sind. …" [29]
Der „Preisindex“, so etwas wie der Durchschnittspreis in Bezug zum Einkommen, war übrigens vor allem für Rundfunkgeräte unter die „100“ gerutscht. Die meisten anderen Konsumgüter hatten sich, im Vergleich zu 1938, verteuert gehabt.

Für Tonbandgeräte hatte es zwar keinen Vergleichspreis mit Heimgeräten von 1938 gegeben. Aber das Preisniveau von Heim-Tonbandgeräten dürfte seit Beginn der Produktions-Aufnahme, nach dem Krieg, kräftig ins Rutschen gekommen sein. In den Vorstellungen der Uher 95 und der Grundig TK5 habe ich das bereits beschrieben.


Die 1958 in der Rundfunk- und Fernsehindustrie vereinbarte Preisbindung hielt allerdings nur ein paar Monate lang. Als Resultat der Tatsache, dass Firmen wie Kuba, Körting, Emud, Wega, Union-Radio und Tonfunk, die nicht zum Kartell gehört hatten und deren gemeinsamer Marktanteil von 5,5 auf plötzlich 20% empor geschnellt war, im Handel Rabatte auf ihre Endverbraucherpreise nicht verhindert hatten, sei die Preisbindung der zweiten Hand, Anfang Januar 1959 auf einer Tagung von Direktoren der Firmen AEG, Deutsche Philips, Graetz, Grundig, Schaub-Lorenz und Telefunken, „fristgemäß" gekündigt worden. Im Resultat betraf das zunächst alle, so auch die nicht anwesenden Mitglieder des Kartells.
In einer Presse-Mitteilung ließen die Herren verlauten, „... Die allseitig bekannten Marktverhältnisse zwingen dazu, in der Hauptsache, weil die Preisbindung nicht rechtzeitig ... zugunsten der Verbraucherpreise umgestaltet werden konnte. Es werden sich jetzt im freien Wettbewerb marktgerechte Verbraucherpreise bilden." [27]
Nordmende kommentierte das Ergebnis im Frühling 1959, „… Die gegenwärtigen Rundfunk- und Fernsehgerätepreise … sind fast durchweg Kampfpreise, die auf die Dauer wahrscheinlich nicht gehalten werden können. ...“ [9] und stellte das höhere Preisniveau in Österreich und in der DDR zum Vergleich vor. Das war den Bremern Grund genug gewesen, bereits nach der Kündigung der Preisbindung eigene neue Festpreise für den Handel vorzugeben: „In der Verantwortung für den gesamten Markt blieb Nordmende deshalb nichts anderes übrig, als durch neue Festpreise die Voraussetzung zur Normalisierung des Marktes zu schaffen“ [9, S. 4], lautete die eigene Lesart.

Neben Nordmende konzipierten auch einige andere Unternehmen der Rundfunk- und Fernsehindustrie zunächst die nächste eigene Preisbindung. Beispielsweise im Saba-Programm 1959/60 findet man auf der letzten Seite den Hinweis, „Bei den mit einem Sternchen versehenen Angaben handelt es sich um unverbindliche Preise.“ [30] Mit „Sternchen“ versehen sind Tonbandgeräte, Regiemixer, jedoch keine Radio- und Fernsehgeräte. Und ein Jahr später weisen im Saba-Jubiläumsprogramm 1960/61 nur noch drei Sternchen, für den Mixer und für die Radiogeräte Sabine 100 und Wildbad 100, darauf hin, „ab 15.7.1960 unverbindlicher Preis“. Die übrigen Preise, auch die für Bandgeräte, waren also wieder verbindlich gewesen.
Die stetige Änderung der vermeintlich festen Preise, auch für nur bestimmte Modelle, war im Rahmens des Systems durchaus üblich gewesen, wie auch der SPIEGEL-Artikel bezüglich der Uhren-Industrie angedeutet, von einem „… Wirrwarr der gebundenen und dann wieder freigegebenen Preise ...“ [28] berichtet hatte.

In der Ausgabe für 1959/60 nannte der Großhandelskatalog den Preis des Titan mit nun 739 DM (Chassis: DM 610) [24], ohne den Hinweis „Richtpreis“. War der nun „marktgerecht“ gewesen?
In Großbritannien blieb der Preis hingegen auch in der Ausgabe des HIFI-YEARBOOK für 1960 konstant mit 91 GBP 9S [26] benannt.


   

Ansichtssache

Bei geschlossenem Deckel sieht der Titan wie ein konventionelles Koffergerät seiner Zeit aus. Was soll man bei geschlossenem Deckel auch sehen? …, naja, die Proportionen vielleicht.
Angedenk der in Betracht kommenden Spulengröße wird schnell klar, viel Platz für zum Beispiel eine aufwendige Bandführung wird nicht vorhanden sein. Also ein ganz normaler Tonbandkoffer!?

Der bauchige Koffer ist zweifarbig und mit goldfarbenen Beschlägen verziert. Die Unterseite zeigt ein gülden eingefasstes Lüftungsgitter, durch das hindurch ein beeindruckend großer Motor erkennbar ist.
Während Deckel und Bodenplatte mit einem genarbten Kunststoff überzogen sind, besteht der Gitter-Überzug des Korpus tatsächlich aus Metall. Marktführer Grundig hatte hier bei manchen Modellen bereits auf preiswertere Werkstoffe für die Bespannung umgestellt gehabt.
Bei richtigem Licht erkennt man hinter dem Metall-Gitter drei Auslässe in dem dahinter liegenden Holzkoffer: Einmal, leicht rechts von der Mitte und nach unter versetzt, hinter dem Vinyl-Griff und dazu an beiden Seiten, am hinteren Ende des Gehäuses. Dies sind tatsächlich Auslass-Öffnungen für drei Lautsprecher. Triofonie?

   

Am Boden hat der Koffer vier Füße. Sind solche an den Uher-Koffern jener Zeit heute meist in Auflösung befindlich, zeigen sich die des Titan von der vergangenen Zeit und Belastung unbeeindruckt. An der hinteren Seite des Deckels ist ein weiterer Fuß angebracht und darunter, am Gehäuse, zwei Holz-Stege mit jeweils zwei leicht erhöht ausgebildeten Füßen, so dass sich das Gerät wirklich sicher auch hochkant abstellen lässt, ohne die Substanz des Finish zu beschädigen.

   

An der vorderen Wand ist ein Griff angeschlagen. Das Vinyl-Band endet an seinen beiden Seiten in einer goldfarbenen Einfassung, von der aus es jeweils mit einem Blech-Streifen mit den beiden Beschlägen an dem Gehäuse beweglich verbunden ist. Diese Streifen ziehen sich erst bei Belastung aus den Beschlägen heraus. Ein Federtrieb zieht die Bänder wieder ein, sobald der Griff entlastet ist.

   

An der Rückwand befinden sich zwei lackierte Metall-Klappen im Korpus, die sich nach unten aufklappen lassen. Hinter der einen verbirgt sich das Stromkabel, das in so etwas wie dem Vorläufer eines Euro-Steckers endet. Hinter der anderen steckt der Spannungswähler (110-240V) und die Anschlüsse.

   

Sehr schön gemacht ist die Beschriftung des Anschluss-Feldes, das von innen auf die Klappe aufgebracht und so herum angebracht ist, dass man es, wenn man sich über den liegenden Koffer beugt, von oben lesen kann: „Mikofon – Platte – Radio/Diode – Kopfhörer – 2. Lautsprecher“ Dazu die Anschlusswerte!

   

Die Koffer-Verschlüsse liegen seitlich und sind abschließbar. Öffnet man den Deckel, stützt er sich im geöffneten Zustand waagerecht, mit seinem Fuß, an der Koffer-Rückwand ab. Trotzdem liegt so einiges an Last auf den Scharnieren, so dass man ihn lieber aushaken und ablegen sollte, wenn man denn länger bei geöffnetem Deckel arbeiten will.

   

Innen ist ein Schaumstoff-Streifen aufgeklebt, der die Spulen an ihrem Platz halten soll wenn der Koffer bewegt wird. Spielen bei geschlossenem Deckel ist nicht vorgesehen: Weder für das Bandgerät noch für seinen Besitzer. Immerhin lässt sich der Deckel auch bei aufgelegten großen Spulen schließen.

   

Unser Forenmitglied Stefan (Vollspurlöschkopf) schrieb mir im Juli, „Mein Gerät ist ein spätes, also aus dem zweiten Baujahr, mit den kleinen Griffblenden.“ Die Beschläge sind also filigraner geworden, als im ursprünglichen Entwurf umgesetzt.

   

Diesen ursprünglichen Entwurf zeigt die erste Ankündigung in AM MIKROFON vom April 1958. Hier war das Vinyl-Band direkt in eine breite Hülse über gegangen, die in ihrer gesamten Länge, jedoch beweglich, auf einem Beschlag auf dem Gehäuse aufgelegen hatte. Die Abbildung in der „kleinen Vorschau“ [3] zeigt sogar einen linksseitigen Aufsteller, der das Zuklappen des Deckels verhindern soll. Auch den hat die spätere Serie nicht.
Das Bild des Chassis in der Vorschau deutet auf weitere Unterschiede hin: So scheint die Bestückung der Kondensatoren unterhalb des Tastenblocks und auch die „Verlegung“ der dort gelegene Elektrik eine andere.

   

Aus dem Baujahr des Antriebes meines Titan interpretiere ich, diese erste Variante hat es bestenfalls nur einige wenige Wochen im Jahre 1958 gegeben.

Unter dem Deckel wird die Front des Titan sichtbar, die sich in einem 2 ½-farbigen, etwas unruhigen Design zeigt.
Die Metallplatte des Chassis ist in einem beige-braun-Ton lackiert. Das Bedienfeld, die Abdeckung der Bandführung und der Kopfträger zeigt sich in einem Elfenbein-artigen Ton. Die Spulenteller sind weiß. Fast alle Bedienelemente sind gülden umrahmt.
Bisher habe ich noch keine andere Farbgebung gesehen. Der Prospekt bietet diesbezügliche ebenso wenig Varianten an, wie die Händler-Preislisten in den in Frage kommenden Jahrgängen der Haus-Zeitschrift.

   

„Unruhig“? Die Abdeckung des Laufwerks besteht aus einer glatten, lackierten Metallplatte, die, im Gegensatz zu mach zeitgenössischem Mitbewerber, ohne Zierrat und ohne Vertiefungen für die Bandspulen auskommt.
Während das eigentliche Laufwerk also etwas spartanisch in die Welt hinein blickt, wirkt das Bedienteil eher barock: Der Kunststoff wölbt sich über die gesamte Breite des Bedienfeldes halbrund auf. In diese Wölbung sind, links und rechts vom Kopfträger, je drei stehende Rändelräder für verschiedene Pegel-Einstellungen untergebracht. Die Bedienelemente zeigen sich mal rund, mal rechteckig, die Anzeigen Trapez-artig, in der Form eines umgedrehten Pyramidenstumpfes. Fast alle Elemente sind mit einer güldenen Umrahmung verziert.
Dem gegenüber steht eine ausgesprochene Symmetrie in der Anordnung und Form der Bedien-Elemente: würde man mittig einen senkrechten Strich über die Frontplatte ziehen und sie daran zusammenklappen, würden sich die linke und die rechte Seite wohl nahezu exakt aufeinander abbilden. Aber wer faltet schon Frontplatten?

   

Hübsch ist anders. Zumindest aus heutiger Sicht.
Im damaligen Verständnis repräsentierte der Titan einen Versuch, die Form und den Zierrat der frühen Luxus-Geräte in eine Moderne zu führen. Denn die Verwendung von Kunststoff erlaubte eine aufwendigere Formgebung bei gleichzeitig geringerem Gewicht und niedrigerem Preis. Kunststoff war in.

Wie kaum ein anderes Gerät verdeutlicht mir die Front des Titan die Entwicklung im Kundengeschmack. Vielleicht sogar die Entfremdung der Kundschaft von den eigenen (?) Wurzeln?
Vielen jüngeren insbesondere deutschen HiFi-Geräten wird von den noch jüngeren Betrachtern zum Vorwurf gemacht, dass so viel Kunststoff Verwendung gefunden hat. Wie schön dagegen die Haptik der asiatischen und der US-amerikanischen Import-Geräte. Zumindest derer, die man bereit ist wahrzunehmen. Ich selber erinnere mich an Testberichte der Achtziger, in denen von der Haptik der Metallfronten und vom „Anfass-Gefühl“ satt drehender Metall-Knöpfe geschwärmt worden war.
Die Laufwerks-Abdeckung des Titan zeigt, wie Metall-Fronten nicht nur früher ausgesehen hatten: flach und mehr oder weniger uninteressant.
Die Fähigkeit der insbesondere deutschen Hersteller zur Kunststoff-Verarbeitung ermöglichte ihnen nicht nur eine vergleichsweise preiswerte Herstellung von leichten Bauteilen, sie erlaubte auch eine neue Formensprache bei gleichzeitig hoher Qualität des Ergebnisses, die die auswärtige Konkurrenz nicht gekonnt oder gewollt hatte: fasse mal einer britische Kunststoff-Gehäuse an.. Kein Zufall, dass „… Grundig bereits um 1955 die größte Polystorolspritzerei Deutschlands ...“ [51] betrieben hatte. Darauf war man stolz gewesen! Die Front der Grundig TS-1000 habe ich andernorts als Beispiel dafür angeführt, welch komplexe Formen sich – in einem Stück - mit Kunststoff verwirklichen lassen. In früheren Zeiten war so etwas durchaus wichtig gewesen. Zeitgenössische Metall-Gehäuse sind dagegen meist als einfacher Quader geformt.
Die Bedeutung der Haptik des Werkstoffes Metall rückte erst wieder ins Zentrum der Wahrnehmung, als das Kunststoff-Material durch seine Verbreitung profanisiert geworden war, als aber auch die „Tragbarkeit“ von Phono-Geräten immer mehr Bedeutung verlor.. Allerdings: Dort wo es auch heute um das Gewicht geht: bei Rasierapparaten, Blitzgeräten, Notebooks, Smartphones usw., meckert auch heute kaum jemand über die Verwendung von Kunststoff. Und der Titan hat einen Griff. Eine Akai GX747 eben nicht.

   

Die Kunststoff-Blende unterhalb des Chassis lässt sich übrigens abnehmen. Darunter befinden sich Fächer in denen Kabel und Zubehör untergebracht werden können. In meinem Titan hat sich hier ein Mikrofon, das Dioden-Kabel, ein Kabel-Adapter, aber auch ein BASF-Klebeset und haben sich die Koffer-Schlüssel angefunden.

   



Neben der großen Skala, die vor allem im europäischen AM-Rundfunk notwendig gewesen war, war insbesondere die Drucktastenbedienung ein charakterisierendes Merkmal der deutschen Radiogeräte seit den fünfziger Jahren gewesen. Heute wird das resultierende, vermeintlich einheitliche Design hiesiger Rundfunkempfänger gern kritisiert. Vermeintlich modernere Gehäuse-Gestaltungen der damaligen Zeit hatten sich bei der Kundschaft jedoch nicht durchsetzen können.

Damals war die Drucktastenbedienung bei Rundfunkgeräten ein Symbol guter Ausstattung und für Fortschritt, denn die Drucktastenbedienung war ein echtes Leistungsmerkmal gewesen!
So auch bei den Tonbandgeräten der fünfziger Jahre: Drucktasten machten die gebotenen Funktionen direkt und schnell erreichbar. Der Umstieg auf die Drehschalter der späteren Jahre war hingegen ein Gebot der Kosten- und der Platzersparnis gewesen: ein Rückschritt. Man stelle sich vor, wie viele Drucktasten eine Uher Royal de Luxe benötigt hätte, um allein den einen Drehschalter für die Laufwerksfunktionen zu ersetzen.
Bei so mancher Drehschalter-bewehrten Bandmaschine der sechziger Jahre fragt man sich oft sogar, was man denn tun muss um sie beispielsweise auch nur einzuschalten. Beim Titan drückt man für das Ein- oder Ausschalten einer Funktion auf eine Taste: Komfortabel und einfach zu merken. Fehlt nur noch das „Hilfe“-Popup, wenn der Finger suchend über einer Taste schwebt.

   

Die wichtigen Laufwerks-Funktionen, Start und Stop, Vor- und Rückspulen, sind, ganz im Stile der Radiogeräte ihrer Zeit, zentral angeordnet. Durch die erhaben ausgeführten Verzierungen sind die Tasten, auch ohne hinzuschauen, ertastbar. In Kombination mit ihre Lage und unterschiedlicher Größe macht sie das absolut fehlbedienungssicher.
Wenn man das mit der Bedienung von Geräten der achtziger und späterer Jahre vergleicht, dann muss man zu dem Schluss kommen, die Ausbildung von Ingenieuren und Designern muss im Laufe der Jahre schlechter geworden sein.
Die Taste „Schnellstop“ findet sich, anders in Größe, Lage und Form, direkt rechts neben der Laufwerksbedienung eingesetzt. „Schnellstop“ heißt heutzutage „Pause“ und kuppelt den Antrieb aus, erhält aber die Betriebsbereitschaft aufrecht.
Alle sechs Tasten sind, auch wenn es von außen anders aussehen mag, in einem einzigen „kompakten Drucktastensatz“ [4] konstruktiv zusammengefasst. Zudem sind die Tasten durch Querschieber gegeneinander verriegelt. „Ein neuer Betriebszustand kann immer erst nach Betätigen der „Stop“-Taste eingeschaltet werden“, veröffentlichte Nordmende am 1.07.1958 in der Vorstellung der Maschine [4]. „Intermix“ kam später.

   

Die Bandgeschwindigkeit wird, zeit-üblich, ganz oben, zwischen den Spulen eingestellt. Jedoch wiederum nicht per Drehknauf, sondern mit einer „Nachdrücktaste“ [4].

   

Während die Laufwerksfunktionen zentral angeordnet sind, finden sich alle die Aufzeichnung betreffenden Elemente der Bedienung links vom Kopfträger.
Die Aufnahme-Taste, immer noch Teil des Tastensatzes, ist deutlich in Größe und Lage abgesetzt, ganz links auf dem Bedienfeld angeordnet. Ebenfalls per Drucktaste wird die Entsperrung der Aufnahme-Funktion bedient. Auf der linken Seite liegt auch das Magische Band als Aussteuerungsinstrument, die Trick-Taste und liegen die Aussteuerungsregler.

Der Titan verfügt nicht nur über drei Anschlüsse. „Dem Verstärker wird in Stellung „Aufnahme“ ein kontinuierlich regelbares Mischpult mit drei voneinander unabhängigen Eingängen vorgeschaltet. Darbietungen z.B. aus Rundfunk, Schallplatte und Mikrophon lassen sich beliebig miteinander mischen.“ [4]
Dazu dienen drei nebeneinander und aufrecht stehende Rändelräder oberhalb der Aufnahme-Taste. Zur Aussteuerung der Aufnahme kommt das Magische Auge zum Einsatz, dessen Anzeige maximal bis zur roten Marke schließen darf. „… Bei der Mischung von mehreren Darbietungen ist eine Mithörkontrolle insofern zweckmäßig, weil die Aussteuerungsanzeige stets den Summenpegel anzeigt; mit einer subjektiven Kontrolle kann dagegen das Mischverhältnis besser dosiert werden. ...“ [4]
Die Möglichkeit des Mithörens vor der Aufnahme erfolgt mit Hilfe der eingebauten Lautsprecher oder per Kopfhörer.

    → Titan_12

Die Trickfunktion beschrieb Nordmende im Jahre 1959 in der Rubrik „Sie an uns, wir an Sie“: „Die sogenannte Tricktaste bei Heimtonbandgeräten soll das nachträgliche Besprechen schon bespielter Bänder ermöglichen ...“ [11], um die Funktion dann technisch einzuordnen: „Man kann nicht die Forderung erheben, bei der Trickaufnahme auf die erste Aufzeichnung mitzuhören. Für diesen Zweck müsste ein zweiter Hörkopf vorhanden sein. Diese Köpfe und die außerdem erforderlichen Umschaltmittel würden das Gerät erheblich verteuern. ...“ Offensichtlich ging man davon aus, der Kunde wäre kaum in hinreichender Zahl bereit gewesen, den Mehraufwand zu bezahlen.
... Hinzu kommt, daß zwar mitgehört, die Einsatzstelle … jedoch nicht exakt bestimmt werden kann. Durch den Abstand der beiden Köpfe entsteht ein Zeitunterschied. Um eine echte Trickaufnahme machen zu können, muß man das sogenannte Play-Back-Verfahren anwenden. Hierbei wird der Löschkopf zwischen Hörkopf und Aufnahmekopf angeordnet. Die Erstaufzeichnung läuft zunächst am Hörkopf vorbei wird an ihnen abgenommen, über Mithörverstärker und Entzerrer abgehört und dem Aufnahmeverstärker zur Mischung mit der Neuaufnahme zugeführt. Am folgenden Löschkopf wird dann das Band restlos gelöscht und zuletzt vom Aufnahmekopf mit der gemischten Aufnahme besprochen. Diese Anordnung ist selbstverständlich ideal und gestattet Trickaufnahmen, die sonst nur durch Verwendung von zwei Tonbandgeräten zu erreichen sind. Ein derartiger Aufwand ist für Heimtonbandgeräte selbstverständlich nicht tragbar. ...“ [11] Für den exakten Einsatz eines Schnitts empfahl Nordmende daher die Verwendung von Signiertonband, „… das auf einer Seite mit Text und Noten beschriftet werden kann.“ Hier ließe sich ein „Einsatzpunkt“ exakt „markieren“ [11].

   

Die rechte Seite des Bedienfeldes zeigt ebenfalls drei stehende Rändelräder, hier für die Wiedergabe-Lautstärke, für die Höhen- und für die Tiefen-Einstellung. Zeitgenössische Geräte hatten damals als Klangregelung bestenfalls eine Klangblende geboten.
Rechts findet sich außerdem die erwähnte Pausen-Taste, der Hauptschalter samt Betriebsanzeige, sowie das dreistellige Bandzählwerk mit Rückstell-Rad.

   

Das Zählwerk ist übrigens das einzige bewegte Teil, dass nicht direkt angetrieben ist, stattdessen einen Riemen braucht.
Der Riemen bewegt dann eine Riemen-Scheibe auf der eine Schnecke sitzt die ein Zahnrad antreibt, das mit einem zweiten Zahnrad verbunden ist, das wiederum ein drittes Zahnrad antreibt. Das dritte Zahnrad treibt schließlich die Einser-Stelle der Zählwerkstrommel und treibt gleichfalls eine Achse an, auf der zwei weitere Zahnräder sitzen, wie wiederum die übrigen Trommelräder antreiben.

   


Die Ausstattungsmerkmale des Titan, die der Benutzer quasi in den Händen hielt, genügte dem gehobenen Standard der zweiten Hälfte der Fünfziger, waren aber alles andere als einzigartig.

Der Bremer unterschied sich im Komfort: Wer ein Bandgerät der sechziger Jahre einschaltet, der dreht in der Regel den Lautstärke-Knopf und hört den Betriebszustand anhand des Motor-Geräusches. Anders der Titan: Er hat einen extra Netzschalter und, daneben, eine Lampe als Betriebsanzeige. Fortschritt anders herum?

   

Auch bei der schon erwähnten Schnellstop-Taste bot der Titan noch mehr, als in späteren Zeiten Standard. Noch heute kann man Umrüst-Sätze erwerben, damit man bei einer Revox die Pause-Taste nicht festhalten muss. Das hat der Titan-Besitzer nicht nötig! Will er den Finger entlasten, weil der zu schwach ist oder der wichtigeres zu tun hat, dann dreht er den eingedrückten Knopf einfach in Pfeil-Richtung und die Taste hält selbstständig nieder gedrückt. Das kann die Revox nicht! Der Titan kann das sogar zusätzlich mit der Trick-Taste.

Zumindest ungewöhnlich dürfte in dieser Zeit die Funktion der Taste „Sperre“, rechts neben der Aufnahme-Taste, gewesen sein. „Mittels Knopf ‚Sperre‘ die Taste ‚Aufnahme‘ entblocken“ [1]. Damit ist nicht gemeint, dass sich mit Tastendruck auf „Sperre“ die Block-Form der Aufnahme-Taste ändern würde, sondern dass ihre Blockierung aufgehoben wird, sie sich damit also überhaupt erst nieder drücken lässt. Ein nur versehentliches Löschen oder Überspielen einer Aufnahme wird somit effektiv verhindert. Auch das boten später bestenfalls semi-professionelle Bandmaschinen.

Natürlich wurde die Endabschaltung mit Hilfe von Metall-Folie realisiert und war das dreistellige Bandzählwerk bereits in „moderner“ Weise ausgeführt gewesen. Während beispielsweise die 95er Uher noch eine Banduhr zeigte, hatte Nordmende den Titan mit einer Zählwerks-Trommel und mit einem Rändelrad für die Rückstellung ausgestattet. All das war allerdings im Jahre 1958 bereits bei den neuen preiswerteren Mittelklasse-Geräten Standard gewesen.

   
(Grundig TK35)

Beispielsweise eine Grundig TK35 kostete laut dem Prospekt vom Sommer 1958 [44] 635 D-Mark und bot Drucktastensteuerung, Tricktaste, rastende Pause, dekadisches Bandlängenzählwerk, regelbare Mithörlautstärke bei Aufnahme, Endabschaltung und eine 4-Watt-Endstufe.
Die Grundig hatte weder Mischpult noch getrennte Klangsteller. Dafür bot sie einen Fernbedienungsanschluss, konnte drei Bandgeschwindigkeiten und, zumindest nominell, einen Frequenzbereich bis 20 kHz übertragen.
Wofür also mehr Geld ausgeben?

Warum einen Titan kaufen?!

(Fortsetzung folgt ...)
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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#2
Monofonie? Stereofonie? Triofonie?? Highfidelitie?!

Während Firmen wie Grundig, Philips, Uher oder Elektron im HANDBUCH des Rundfunk- und Fernseh-Grosshandels der VDRG für 1960/61 bereits mit Stereo-Geräten vertreten gewesen waren, war der Titan und war der Tonbandgeräte-Hersteller Nordmende aus dem Katalog verschwunden.
Schon zu Jahresbeginn 1960 war der Name der Nordmende Bandmaschine aus der ständigen Rubrik „Das gegenwärtigen Lieferprogramm“ in der Nordmende-Hauszeitschrift entfallen, hieß das Gerät nur noch „HiFi-Tonbandgerät“ [47]. In der zur Hannover-Messe erschienenen Ausgabe vom 24.04.1960 [48] wurde die Bandmaschine dann gar nicht mehr aufgeführt. Im gleichen Heft hatte Nordmende seinen Handel auf die Verfügbarkeit von „neuen ansprechenden Prospekten … für Nordmende Fernsehgeräte und -Konzertschränke“ des Jahrgangs 1960/61 hingewiesen (S. 37), Konzertschränke in „Voll-NF-Stereo-Ausführung ...“ (S. 31).

   

Stereo? Tatsächlich habe ich den Eindruck, der Titan war durchaus für die Stereofonie vorbereitet gewesen: So zeigt die Platine eine unbenutzte Öffnung für eine weitere Röhre und das Chassis selbst Platz für einen weiteren Verstärker unter der Platine. Der ersten Vorstellung des Titan für den Handel lässt sich sogar entnehmen, „… ein späteres Umrüsten auf Stereobetrieb durch Auswechseln einiger Bausteine und des Tonkopfes ...“ [4] sei möglich.
Doch auch wenn die Stereofonie schon bei Erscheinen des Titan ein Thema gewesen war, war er doch ein monofones Bandgerät geblieben.

Eine Seite des Problems dokumentiert AM MIKROFON in der Rubrik „Sie an uns". Auf die Frage eines Lesers, „Welche Norm wird man in Deutschland für Stereofonie-Tonbandgeräte einführen (übereinander oder versetzt angeordnete Tonköpfe)?" antwortete die Redaktion: „Da es sich bei der Stereofonie um ein verhältnismäßig neues Gebiet handelt, besteht noch keine Norm. Nach menschlichem Ermessen lässt sich aber voraussagen, daß sich die Stereo-Köpfe mit übereinander angeordnetem Spalt wegen des dann bequemeren Schneidens durchsetzen werden. …" [31]
Jedoch halt erst „werden". Und solange er erst vermutet, das Etwas „wird“, trifft der Leiter eines mittelständischen Familienunternehmens noch keine Entscheidung, es zu bauen.

Denn auch in seinem 60sten Lebensjahr „… kam keine Neukonstruktion in die Fertigung, die nicht von Martin Mende auf Herz und Nieren geprüft und für würdig befunden wurde, den Namen Mende bzw. Nordmende zu tragen. ...“ [62]

… vor allem wenn noch er selber an eigenen Lösungen forscht beziehungsweise forschen lässt. Denn erst am 23.2.1959 beantragte Nordmende die Erteilung eines Patentes für eine „Einrichtung zum Löschen magnetischer Spuren auf Tonbändern für Magnettongeräte“ [20], die nach dem Prinzip eines in der Höhe verschiebbaren Vollspur-Löschkopfes zum Einsatz an 2-Spur-mono oder -stereo-Bändern vorgesehen war.
Bei Erscheinen des Titan war diese Lösung jedenfalls nicht fertig gewesen und hätte sich wohl auch nicht einfach nachträglich integrieren lassen. Und für die immer weiter um sich greifende 4-Spur-Technik war dieses Prinzip wohl auch nicht geeignet gewesen.

Tatsächlich blieben beide unmittelbare Nachfolger des Titan monofon: In der August-Ausgabe 1961 der eigenen Hauszeitschrift [32] präsentierte Nordmende seinen Händlern das Modell Exklusiv, das im Prospekt für 1962 erstmals auftauchte. Nun für den 4-Spur-Betrieb ausgelegt, mit zentralem Motor, nur noch mit einer Bandgeschwindigkeit und für 15 cm Spulendurchmesser ausgestattet. Der unverbindliche (!) Richtpreis von 498 D-Mark (Dezember 1961) deutet an, dass sich die Zielgruppe geändert hatte: Ihr Vorteil sei die lange Spielzeit und die niedrigen Betriebskosten gewesen.

   
(Nordmende Titanette)

Erst im April 1964 präsentierte Nordmende in AM MIKROFON die neue Titanette, die im zweiten Halbjahr im Prospekt erscheinen sollte. Letztlich eine überarbeitete Exklusiv in Halbspur-mono und Transistor-Technik. „Für viele Wohnungen, in denen bereits der Kühlschrank und die Waschmaschine selbstverständlich sind, ist die Titanette eine nutzbringende Bereicherung. ...“ [33]
Kein Hinweis mehr auf Schulen, Vereine und Musiker. [61] Stattdessen: Ein Bandgerät als Ergänzung der Einrichtung, zu Kühlschrank und Waschmaschine? Welch Stellenwert der Hersteller inzwischen bereit gewesen war der Tonbandtechnik zubilligen. In der Realität hatte wohl bei den Kunden, vor dem Tonbandgerät, noch der Urlaub, das Auto, der Fernseher, der Fotoapparat, der Plattenspieler usw. auf dem Einkaufszettel gestanden.
Und dann berichtet auch noch der ehemalige Nordmende-Mitarbeiter im HiFi-Forum, Papst hätte für die kleine Nordmende zunächst „... Motoren mit der falschen Drehrichtung ..." geliefert.

Stereo? Man muss wohl konstatieren, dass Portabilität und dass die lange Spielzeit ein wichtiges Argument für die Käufer eines Aufnahmegerätes geworden waren. Mono bietet bei gleicher Geschwindigkeit und Spurenzahl eine längere Spielzeit als stereo. Die Stereofonie erfordert hingegen, wenn sie denn einen Sinn haben soll, einen Mindestabstand zwischen den Lautsprechern, die die beiden Kanäle wiedergeben sollen. Bei Koffergeräten eher schwierig zur realisieren. Stereofonie in mobilen und in kompakten Wiedergabegeräten, auch in den Ghettoblastern der achtziger Jahre, ist immer eher Show, denn sinnvolles Leistungsmerkmal. Zudem erfordert die doppelte Anzahl von Lautsprechern in einem Chassis, aber auch das Mehr an Elektronik mehr Platz im Gehäuse.
Wäre also der Kunde tatsächlich bereit gewesen, größere Geräte aufzustellen, gar zu schleppen und dafür mehr Geld auszugeben, um den größeren Aufwand zu ermöglichen? Die Bremer hatten entschieden, das nein.

Joachim Conrad hatte im Frühling 1960 für die FUNKSCHAU von der 40. Jahrestagung der Deutschen Kinotechnischen Gesellschaft berichtet. Dort war die Stereofonie Thema gewesen und hatte zum Beispiel Prof. Dr. Ing. Winckel von der TU Berlin vorgetragen. „... Die Umstellung der Studios auf die Aufnahmetechnik der Stereofonie verlangt noch erhebliche Anstrengungen in den Entwicklungslabors. So sei z.B. … die vollkommene Gleichheit der zwei Stereo-Kanäle bis heute noch nicht erreicht. ...“ Im Frühling 1960, zwei Jahre nach Ankündigung des Titan, und bei Profi-Geräten!
... Weiterhin stellte er fest, daß der Ortungsfaktor bei der Stereofonie wesentlich wichtiger sei, als bisher angenommen wurde. Durch Versuchs-Aufnahmen im eigenen Studio der TU und bei der Stereo-Wiedergabe über Kopfhörer wurde dies bestätigt. Je nach Aufstellung der Mikrofone können etwa Klavier und Gesangsstimmen im Stereo-Kopfhörer fast unangenehm klingen oder aber auch völlig getrennt wirken. (...)
Interessant sind in diesem Zusammenhang die Untersuchungen eines Mediziners. Er stellte fest, daß die Ortungsfähigkeit des menschlichen Gehirns stark altersabhängig ist ...
“ [54]
War also die Stereofonie überhaupt schon hinreichend entwickelt, also marktreif?
Ein standesgemäßer, stereofoner Nachfolger für den Titan sollte jedenfalls erst 1967 erscheinen.


Angekündigt hatten die Bremer ihren Kunden allerdings bereits im Programm von 1958, „für stereofonische Wiedergabe in Vorbereitung". Öffentlich sprach man also nun zumindest über die Wiedergabe anderswo bespielter Bänder. Desgleichen in der Bedienungsanleitung des Titan: „Baugruppen und Zubehör für stereofonische Wiedergabe in Vorbereitung." [39]
Aber waren solche „Baugruppen" tatsächlich jemals auf den Markt gekommen?

Wenn nicht, dann wäre dem Titan-Besitzer wohl nur ein Nachrüstsatz eines Zubehör-Herstellers geblieben. In den USA hatte es zum Beispiel den Umrüstsatz der The Nortronics Company, Ltd., gegeben. Etwa $129 hätte der Stereo-Freund für Köpfe, Aufnahme- und Wiedergabe-Verstärker ausgeben sollen (z.B. Tape Recording 11/58, S.30). Ob das Set allerdings auch in Deutschland erhältlich gewesen sein wird, ob es zudem in einen Titan gepasst hätte …?

Für einen US-Dollar hatte man im Jahre 1958 zwischen 4,17 und 4,20 D-Mark ausgeben müssen (Quelle: fxtop.com). Ein solcher Umrüstsatz hätte also etwa 540 DM gekostet. Das entsprach im Jahre 2009 1.542,24 Brot-Euro. Für was?

Später schrieb Hans Knobloch, „… etwa seit 1958 haben … Sonderausführungen, die neben der einkanaligen Aufnahme und Wiedergabe auch die zweikanalige (stereofone) Wiedergabe andernorts bespielter Stereo-Tonbänder gestatten, eine gewisse Verbreitung gefunden. Die echten Stereo-Tonbandgeräte, die zweikanalig aufzunehmen und wiederzugeben vermögen, haben sich jedoch erst von 1960 an durchgesetzt ...“ [34].
Falls jetzt einer „warum?“ denkt, kann er sich die Frage unmittelbar nach dem Aufkommen des Gedankens eigentlich selber beantworten. Denn wer von Euch hat schon einmal „andernorts bespielte Stereo-Tonbänder“ aus den späten Fünfzigern gesehen? In seinem Artikel, „Gute Tonbandgeräte für den Heimgebrauch“ in der FONO FORUM merkte jedenfalls Karl Tetzner an, „… Bespielte Stereo-Tonbänder gibt es hierzulande noch nicht ...“ [22] Erst im April 1960 deutete die FUNKSCHAU an, es gäbe bereits bespielte 2-Spur-Bänder und sollte demnächst ein industriell bespieltes 4-Spur-Band „… für 2x 20 Minuten ... 42 DM, für 2x 17 Minuten ... 29,50 bis 33,30 DM ...“ [56] kosten; das hatte ein Münchner Großhändler angekündigt. In der ersten Ausgabe für 1961 stellte das Magazin dann ein 2-Spur Stereo-Band für 19 cm/s mit 38 Minuten Spielzeit vor, für das 49,50 DM aufgerufen wurden [57]; 187 Brot-Euro in 2009. Wie viele Kunden waren wohl bereit gewesen, so viel Geld dafür auszugeben? Und wozu dann Geld für die Nachrüstung der Option der Stereo-Wiedergabe in einem Bandgerät ausgeben, solange es dafür kein Futter gibt oder man es sich nicht leisten will?
Überhaupt bemerkte der Autor der Hauszeitschrift von Nordmende, AM MIKROFON, in einer Nachbetrachtung zur Funkausstellung 1959, diese wäre für „… viele Besucher ...“ die Gelegenheit gewesen, sich mit der Stereophonie „… zum ersten mal vertraut ...“ [13] machen zu können. Vor dem „ersten mal“ kauft man noch nicht. Und der Titan war schließlich lange vor diesem „ersten mal“ entwickelt worden.

Welchen Nutzen die Neuheit hätte haben sollen war auch noch nicht klar gewesen. In dem Artikel „Wird die Rundfunk-Wirtschaft durch die Stereophonie beunruhigt?“ zitieren die Macher des Magazins einen Aufsatz des vielbeschäftigten Journalisten Karl Tetzner: „… Sprechen wir es klar aus: 1961 und später wird sich der Hör-Rundfunk stärker als bisher zum Lieferanten von Nachrichten, Zeitansagen und Hintergrundmusik entwickelt haben – und diese Darbietungen können auf Stereophonie absolut verzichten. (...) Von Bedeutung ist dieses Verfahren dann wohl nur noch für die Wiedergabe guter Musik und – für Hörspiele! Gerade sie sollen, wie Versuche der BBC gezeigt haben, ganz hervorragend durch die Zweikanalübertragung gewinnen.“ [49]
Die BBC hatte, wie im gleichen Jahr in den Meldungen zu finden, eben erst den Testbetrieb für die Rundfunk-Stereophonie (erst) wieder aufgenommen: Mit noch einer eigenen Sende-Anlage pro Kanal. „Wir glauben nicht, ...“ so Tetzner, „… „dass vor Ende 1959 / Anfang 1960 Klarheit über das Verfahren zu erlangen ist – und dann erst kann mit der Schlußentwicklung von Stereo-Rundfunkempfängern begonnen werden. ...“ [49] Und eben jene „Rundfunk-Empfänger“ waren ja, so der Telefunken-Mitarbeiter im Frühling 1958, die vornehmliche Quelle für Tonband-Aufnahmen gewesen.

Ein weiteres Problem hatte darin bestanden, dass einsprachige Länder eher in Richtung echter Stereophonie, mehrsprachige Länder jedoch auch über Zweikanal-Verfahren nachgedacht hatten, die eine effektivere Kanaltrennung, ohne Übersprechen benötigten. Noch auf der Tagung der „Working Group S“ der Union Europeenne de Radiodiffusion, vom 9.-12.01.1961 in London, hatten allein die deutschen Industrievertreter, Grundig, Siemens und Loewe-Opta, noch drei verschiedene, eigene Verfahren für eine Stereo-Norm im UKW-Radio präsentiert. Gleichzeitig gingen „Rundfunkexperten“, wie Karl Tetzner, der für die FUNKSCHAU von der Veranstaltung berichtet hatte, davon aus, „… daß nur 20% aller … im Hör-Rundfunk verbreiteten Sendungen ‚stereo-würdig‘ seien.“ Diese befürchteten auch, dass im Zeitalter des Fernsehens „Stereo-Musik … nur von einer kleinen Minderheit begrüßt werden ...“ würde, „… wobei man auf das zögernde – andere Befragte meinen: enttäuschende – Vordringen der Stereo-Schallplatte verweist. ...“ [58]
Die einhellige Meinung schien gewesen zu sein, wer sich überhaupt die Mühe gemacht hatte, einen für die Stereofonie geeigneten Wiedergaberaum einzurichten und bereit war, der stereofonen Musik wirklich zuzuhören, der würde durch das Angebot an Schallplatten vollauf befriedigt.
Zudem sollte man nicht vergessen, dass Ende der Fünfziger Jahre die Rundfunk-Welt noch „AM“ gehört hatte. Und AM war monofon. Es sollte noch viele Jahre dauern, bis auch nur alle europäischen Länder flächendeckend mit UKW versorgt gewesen waren. In den USA hörten noch Mitte der Siebziger 50% der Bevölkerung AM, also monofones Radio.

Noch Anfang 1960 berichtete die FUNKSCHAU daher, „… Stereo hat eine Pause eingelegt. Zur Nf-Stereofonie und zu deren Tonträgern ist wenig Neues zu sagen - mit Ausnahme der kommenden Stereo-Tonbandkassetten, womit wir 1961 rechnen dürfen. Die Technik der Rundfunkstereofonie ist weiterhin ein Gegenstand intensiver Untersuchungen sowohl der Rundfunkanstalten als vor allem auch der Empfängerindustrie. Ohne verbindliche Norm wird man aber öffentlich schwerlich etwas tun. ...“ [55]
Erst 1962 wurde das Pilotton-Multiplex-Verfahren von General Electric und Zenith, das die FCC Ende April 1961 zum 1. Juno jenes Jahres für die USA zugelassen hatte, von der Europäischen Rundfunk-Union als Standard empfohlen und daraufhin in den meisten europäischen Ländern eingeführt. Für jeden Titan zu spät.
Wer brauchte also stereofone Tonbandgeräte, bevor er sie hätte stereofon füttern können?


Zwischenspiel: Eine Meldung aus den USA vom März 1961
Die amerikanische Bundesnachrichtenbehörde hatte bis Ende Februar entgegen aller Erwartungen noch immer keine Entscheidung über die offiziell einzuführende Methode der Hf-Stereofonie getroffen, so daß sich Stereo insgesamt weiterhin auf die Tonfrequenzseite (Schallplatte und Tonband) beschränkt.
Nachdem die Einführung eines dritten (Phantom-) Kanals im Stereo-Tonband nur ein bedingter Erfolg geworden ist, war eine Zeit lang der Nachhall-Effekt in Mode gekommen.
Auch in den USA wehren sich die Hausfrauen gegen Einzelgeräte und gegen zuviele Leitungen im Wohnraum; daher sind jetzt kompakt zusammengefaßte Stereo-Anlagen besser zu verkaufen.
“ [60]
Soviel zur Zukunft anspruchsvoller stereofoner Musikübertragung. Auch für Nordmende.

   

Doch zurück zur Gegenwart (1958).
Beholfen hatten sich die Hersteller der fünfziger Jahre mit der sogenannten 3D-Technik. Blaupunkt hatte im Jahre 1954 die „sensationelle Umwälzung in der Tontechnik“, „Das Blaupunkt-3-D-Ton-Raumklangsystem“ [35] vorgestellt.
Zur Erklärung zitierte DER SPIEGEL am 11.8.54 eine Veröffentlichung der Hildesheimer: „Obwohl die UKW-Technik ein sehr hohes Maß der Übertragungsqualität und Echtheit der Wiedergabe erreicht hat, wird der Musikliebhaber immer noch einen Unterschied zwischen einer Originaldarbietung und der Wiedergabe durch das Rundfunkgerät bemerken. Der Unterschied liegt in der räumlichen Ausdehnung der Schallquelle. Ein Orchester ist ausgedehnt; der Lautsprecher ist im Vergleich zu der räumlichen Ausdehnung des Orchesters klein. Wer nur wenige Meter vom Gerät entfernt sitzt, spürt deutlich, woher der Ton kommt, nämlich aus jenem Teil der Schallwand, hinter dem der Lautsprecher sitzt.“[35]

Je höher die Frequenz, desto gerichteter breitet sich der Schall aus, desto genauer lässt er sich mit dem menschlichen Ohr orten, hatte die Erkenntnis der Blaupunkt-Ingenieure gelautet. „Um diesem Übel abzuhelfen, brachten die Blaupunkt-Techniker zusätzliche Lautsprecher für hohe Tonfrequenzen auch in den beiden Seitenwänden des Empfängers an.“ [35] fasste DER SPIEGEL die Lösung der Blaupunkt-Entwickler zusammen.

   

Der Ton dringt nicht mehr aus einer engbegrenzten Schallquelle auf den Hörer ein, sondern überrieselt ihn aus allen Ecken gleichzeitig.“ [35] bewarben Blaupunkt und schnell auch Grundig die neue Technik und verwiesen darauf, das dies im Konzertsaal, durch die Reflexionen von den Wänden, ja genauso sei.
Wer sich nun an meine Vorstellung der Atlantic Skyline 050 erinnert fühlt, der hat jetzt Assoziationen.

Tatsächlich entbrannte zunächst ein Streit unter Fachleuten und konkurrierenden Herstellern, vor allem um die Verwendung des Begriffes „3D“. Ob hier die Weite des Aufführungsraumes in die Wohnstube geholt oder nur das Frequenzspektrum in gleichbleibender Bandbreite in jede Richtung und an jeden Zuhörer gleichmäßig übertragen können werden sollte, blieb den jeweiligen Ingenieuren zu entwickeln und blieb den jeweiligen Werbern an den Verbraucher zu übermitteln überlassen. So verwendeten nicht einmal alle Hersteller die gleiche „Übersetzung“ für die Abkürzung 3D, benutzten die eigene, einmal publikzierte Erklärung nicht einmal konsistent.
DIE ZEIT beschrieb als Ziel der Anordnung „… eine möglichst vollkommene Rundverteilung aller Tonfrequenzen ...“ [36]. Und Grundig stellte schon 1956 eine Standbox, den sogenannten Hi-Fi-Raumklang-Strahler vor, „... aus dem ein Zauberreich von Tönen hervorquillt". Darin ein rund-strahlendes Chassis. Die Grundig-Mannen argumentierten gegenüber dem SPIEGEL, „… durch Verwendung in Amerika seit mindestens Jahresfrist ist '3-D' zur Kennzeichnung eines Klanges benutzt worden, der sich durch besondere Qualität auszeichnet und dem Hörer den Eindruck vermittelt, daß der Klang nicht nur aus der Richtung des Empfängers, sondern im ganzen Raum ohne Lokalisation der Schallquelle hörbar ist.“ [35] Auch in den USA war die Stereophonie noch lange nicht weit verbreitet gewesen und die importierten „3D“-Geräte ein Erfolg.

Der Versuch von Blaupunkt, sich den Begriff „3-D“ schützen zu lassen, scheiterte übrigens, wohl nicht zuletzt an der Klangfilm-Gesellschaft, die bereits vor dem Krieg einen „echten „3-D"-Klang“ [35] (z.B. Anordnung zur Aufnahme und Wiedergabe von Raumtonaufzeichnungen, DE 865666B von 12.11.1938 usw.) entwickelt hätte.
Zumindest für den Einsatz im Auto meldete Blaupunkt am 7.09.1955 ein Gebrauchsmuster für eine „Lautsprecheranordnung ...“ für „… einen Raumklangeffekt nach Art des 3-D-Tones mit gleichmässiger Verteilung des gesamten Klangspektrums im Innenraum ...“ [38] an.

Warum auch immer: Die Tatsache, dass Blaupunkt nicht in der Lage gewesen war, den Begriff für sich zu reklamieren, dürfte gleichermaßen Grundlage dafür gewesen sein, dass es den Hildesheimern nicht möglich gewesen war, eine exakte Vorgabe für die Begriffs-Verwendung, vielleicht sogar für die technische Ausgestaltung des Begriffes zu machen. Letztlich die Grundlage dafür, dass jeder Hersteller den Begriff „3D“ für seine Produkte hatte einsetze können, egal wie sein Gerät tatsächlich ausgestattet gewesen war: Kürzlich sah ich auf einem Flohmarkt ein Graetz „3D“-Radiogerät, ein Tischgerät mit seitlichen, vergitterten Auslass-Öffnungen, hinter denen keine Lautsprecher steckten, durch die bestenfalls die durch den zentralen Lautsprecher nach innen angeregte Luftbewegung nach außen entweichen konnte.


Die Mitbewerber machten also, trotz ihrer Kritik an der Begriffs-Wahl, mit. Hatte Martin Mende, als Chef der Norddeutschen Mende-Rundfunk GmbH, noch zu Beginn argumentiert, „… der Käufer eines Gerätes wird automatisch an den '3-D'-Film denken. Er erwartet also von einem Rundfunkgerät, das mit '3-D' angeboten wird, eine dreidimensionale Klangwirkung analog der optischen Wirkung beim '3-D'-Film.“ [35], interpretierte die Firma den Begriff bald so, wie sie es für richtig hielt und ließ sich den Begriff „3-Dynamik-Raumstrahler“ schützen: „… Dieser Ausdruck trifft genau das technisch Richtige: drei dynamische Lautsprecher strahlen nach allen Seiten in den Raum.“ [67]
Deutlich macht die neue Technik die Innenansicht der Radio-Geräte. Zunächst ohne „3D“.

   
(Tannhäuser 55)

Schon 1954 brachten die Bremer die ersten „... vier Empfänger mit 3 Dynamik-Raumstrahlern" heraus: „Die tiefen Bässe werden wie bisher durch einen großen Dynamik-Baßlautsprecher, der auf der Schallwand angebracht ist, abgestrahlt, während an den Seitenwänden des Gehäuses zusätzlich zwei permanent-dynamische Vollton-Lautsprecher montiert sind, die sowohl die Höhen als auch die Mittellagen und Bässe umfassen, und die Abstrahlung der höchsten Töne durch einen Kristall Hochtonlautsprecher erfolgt. ..." [39].

Die technische Umsetzung änderte sich nahezu von Jahr zu Jahr:
Über das Modell Tannhäuser 56 3D schrieb AM MIKROFON, „… Das Gerät "Tannhäuser 56" hat zwei "Breitwinkel-Eckstrahler, die in den Seitenbacken des Gehäuses untergebracht sind und in eine muschelförmige Tonführung hineinstrahlen, die den Klang rings um die Ecken des Gerätes herum über einen breiten Winkel gleichmäßig verteilt. ...“ [63]

   
(Tannhäuser 57)

In der Vorstellung des Tannhäuser 57 wurde "3D" nicht erwähnt, obwohl das Gerät jetzt wieder seitliche Lautsprecher besaß. Statt von „3D" sprach die Vorstellung nun von „HiFi". [64]
„HiFi“ und ein großer Frequenzumfang in Folge des Einsatzes von drei Lautsprechern, war auch das Thema der niederländischen Vorstellung des Titan: „… Hi-Fi-kwaliteit is verzekerd door zeer hoog frequentiebereik en drie luidsprekers. ...“ [61]

In Deutschlands stand „3D“ auch im Prospekt des Bandgeräts: „Dynamischer Konzert-Ovallautsprecher und zwei zusätzliche 3D-Lautsprecher" [1] nennt die Beschreibung als Ausstattungsmerkmal des Titan. Also keine „Trifonie“, sondern „3D“.

   
(Tannhäuser 58)

Entsprechend schrieb Nordmende im Sommer 1957 in der Vorstellung des Tannhäuser 58 3D wieder über Raumklang: "... Zur verbesserten Abstrahlung der Mittellagen und Höhen sind in einem Teil der Geräte Druckkammersysteme verwandt, deren Schalldruck durch Exponential-Schallführungen mit großer Kraft nach den Seiten der Gehäuse abgestrahlt wird. Die verstärkte Seitenabstrahlung bewirkt einen erhöhten Raumklangeffekt, da die seitlich abgestrahlten Höhen auf dem Umweg über die Reflexionen an der Zimmerwand mit einem gewissen Nachhall zum Ohr des Zuhörers gelangen. …" [65]
Doch mit dem Jahrgang 1959 verschwand der Begrif „3D" wieder aus der Vorstellung des Tannhäuser. In einer Erklärung zu „HiFi" verbannte der Autor den „3D-Ton" bereits in die Vergangenheit (-sform): „... Man schickte die mittleren und hohen Töne seitlich gegen die Zimmerwände und ließ sie dann reflektieren." [66]

   
(Tannhäuser 57 und davor: Tannhäuser U330 Stereo)

Der neue Tannhäuser hatte zwar immer noch zwei Seiten-Lautsprecher, die nun aber für die Stereofonie.

Was auch immer „3-D“-Klang gewesen sein mag, DER SPIEGEL konstatierte in seiner Vorstellung, „… nach Ansicht vieler Radiohändler ...“ bedeutete er „… eine klangliche Verbesserung ...“ [35]
Doch selbst Gutes verkauft sich nur eine begrenzte Zeit und um selbst Gutes zu ersetzen, um neue Geräte verkaufen zu können, während die alten noch funktionieren, braucht die Werbung Neues. Die Stereofonie kam ab dem Herbst 1958 in der Bundesrepublik auf, weil, wie es Hans Werner Steinhausen 1959 in der FONO FORUM formuliert hatte, den Handel „… die Furcht ...“ plagte, „… breiten Käuferschichten als Rückständig insbesondere dem Ausland gegenüber zu erscheinen.“ [40]: Dort, wo sie sinnvoll schien, und überall anders auch, wurden immer mehr Geräte stereofon. Vor allem bei der Schallplatte: Hatte die Industrie 1958 noch 110.000 Einfach-Spieler in Stereo-Ausführung (von insgesamt 784.000) gemeldet, waren 1959 bereits 550.000 (von 814.000) produziert worden, dazu 648.000 (von 777.000) Wechsler. „Schon 1959 wurden, entgegen aller Vorhersagen 1,6 Millionen Stereo-Schallplatten gepresst.“ [53] Auch bei Nordmende hielt die Stereofonie Einzug.

Gleichzeitig wurden Bandgeräte preiswerter, kleiner, tragbar, sogar mobil, und stieg, bei immer langsamerer Bandgeschwindigkeit und nicht zuletzt mit der in den USA aufgekommenen 4-Spur-Technik, die Spielzeit. „Die Hersteller haben die Tonbandgeräte für den Heimgebrauch weiterentwickelt: geringere Bandgeschwindigkeit und geringere Verkaufspreise.“ [22] Wiederum Karl Tetzner hatte zwar in seinem Artikel für die FONO FORUM einen Titan im Bild und mit einem Werbetext als Bildunterschrift gezeigt, doch schreib er in seinem Text wenig vom Nutzen einer hochwertigen Bandmaschine für die genussvolle Musikübertragung. Stattdessen verwies er auf die Grundig niki, die „… eine neue Ära ...“ eingeleitet hätte, weil mit ihr „… das Tonbandgerät auch transportabel ...“ [22] geworden wäre, lobte die Stenorette und die Uher Universal aufgrund ihrer vielfältigen Einsatz-Möglichkeiten abseits der Musik-Übertragung.

Ein großes, schweres, relativ aufwendiges und teures Bandgerät würde sich in den sechziger Jahren ohne Stereophonie bald nicht mehr verkaufen lassen können. Daher blieb die Bauzeit des Nordmende Titan begrenzt, die Stückzahl wohl vergleichsweise gering. Nordmende baute lieber einfachere, preiswertere, kleinere und leichtere Bandgeräte.

Insgesamt hatte der Tonbandgeräte-Markt von 1958 auf 1959 um gut 20% zugelegt. Hatten die Hersteller ihrem Verband für 1958 um 513.000 produzierte Geräte gemeldet (davon 101.000 Diktiergeräte), von denen etwas die Hälfte in den Export gegangen war, veröffentlichten sie für 1959 651.000 Exemplare (davon 93.000 Diktiergeräte) bei etwa gleichbleibendem Export-Anteil [53]. Ich vermute, bei den mehr verkauften Geräten wird es sich nicht in erster Linie um „Highend“-Maschinen gehandelt haben.
Wenn man einen gleich gebliebenen Grundig-Anteil (¾) am Gesamtvolumen unterstellt, und bedenkt, dass der Rest auf alle übrigen Hersteller verteilt gewesen war, von denen Nordmende, zumindest Tonband-mäßig, nicht der Größte gewesen sein dürfte, zudem der Anteil von Mono-Geräten, von 2-Spur-Geräten und von aufwendigen Geräten zurückgegangen sein dürfte, dann mag man verstehen, warum der Titan 1960 verschwunden war. Ganz unabhängig von der Frage, was „3D“ sein konnte, sein sollte und wer es brauchte.
Zudem waren zu diesem Zeitpunkt die prognostizierten Aussichten für die nahe Zukunft durchwachsen: „Marktbeobachter meinen, daß der Phonosektor seinen Umsatzhöhepunkt fast erreicht haben wird, bzw. die Steigerungen sich in bescheidenem Rahmen halten werden, wobei Rückgänge auf einzelnen Sektoren nicht ausgeschlossen sind. ...“ [53] Und in dem wichtigen Export-Markt USA versuchte ein Herstellerverband den Begriff „HiFi“ für sich zu reklamieren und insbesondere ausländische Hersteller aus diesem Segment auszusperren.
Erst für die „weitere Zukunft“ erwartete der Verband der deutschen Hersteller einen „starken Aufschwung“ durch die Stereofonie. Nordmendes Stereo-Tonbandgerät kam erst 1967.


In einem Vergleichstest von Oberklasse Cassette Recordern der frühen achtziger Jahre war ein Saba positiv aufgefallen. [68] Selbst gegenüber den 3-Kopf-Geräten von Grundig und Philips hatte sich der Kombikopf-Saba einen Vorsprung verschaffen können, da er besser geklungen habe. Die Autoren erklärten sich dies damit, dass der Verzicht auf die 3-Kopf-Ausstattung, bei gleichem Endverbraucherpreis, eine höhere Qualität in den für den Klang relevanten Baugruppen erlaube.
Ein dritter Kopf ist für die Klangqualität jedenfalls nicht notwendig ausschlaggebend! 1958 sowieso nicht.

Es ist nicht so, dass in früheren Zeiten das 3-Kopf-Prinzip nicht bekannt gewesen war. Tatsächlich waren viele frühe Tonbandgeräte 3-Kopf-Typen gewesen. Nicht nur unter den Vollspur-Bandgeräten hatten sich 3-Kopf-Maschinen gefunden. Auch war beispielsweise die Produktion des 2-Spur-Geräts Uher 95 erst im Laufe der Bauzeit von getrennten auf Kombi-Köpfe umgestellt worden. Die konnte man irgendwann und diese Technik erlaubte unter anderem auch eine billigere Herstellung der Geräte.

… Besonderes Augenmerk muß beim Doppelspurverfahren auf eine exakte Bandführung verwendet werden, weil ein geringes seitliches Schwanken des Bandes während des Laufes das Übersprechen vergrößert, bzw. kann die zweite Spur bei starken Schwankungen über den Spalt des Hörkopfes laufen und dadurch die Wiedergabe stören ...“ [41] berichtete Dr. F. Krones in seinem Buch. Bei 4-Spur hatte das um so mehr gegolten.
Um so einfacher die Bandführung, um so langsamer die Bandgeschwindigkeit, um so mehr Spuren auf einem Band und um so dünner die Bänder desto größer die Gefahr, dass so etwas passiert. Und bei den immer geringer werdenden Geschwindigkeiten wurden die Auswirkungen solcher Abweichungen immer stärker hörbar..
Die Lösung war in den USA schon früh gefunden. „… Zur Verbilligung und Vereinfachung der Konstruktion bei Drahtgeräten, wo der Draht auf- und abbewegt werden muß, um ihn gleichmäßig aufzuspulen, werden häufig alle drei Funktionen in einem kombinierten Kopf vereinigt. ...“ [41]. Es kamen also zwei Dinge zusammen: der Kombi-Kopf konnte dafür sorgen, dass die Lage des Kopfspaltes in Bezug auf das Band für alle Funktionen immer identisch war. Gleichzeitig verbilligte die Lösung mit nur einem Kopf für Aufnahme und Wiedergabe nicht nur die Kosten für die Kopfbestückung. Vor allem konnte auch der Kopfträger und konnte die Bandführung einfacher und preiswerter gestaltet werden, wurde das System auch kleiner. Das kam der Wettbewerbsfähigkeit und somit der Verbreitung der Technologie in neue Käuferschichten zugute. Schließlich erleichterten die Kombikopf-Geräte das Schneiden und eine Anschluss-Aufnahme. „Modern“ oder „neu“ hat noch nie notwendig eine Qualitäts-Verbesserung beschrieben.

In seinem Artikel „Magnettonköpfe für Heimgeräte“ berichtete der Telefunken-Mitarbeiter W. Dzieka im Rahmen einer Vorschau auf die Hannover-Messe 1958, „... Bei den meisten Heim-Magnettongeräten verwendet man kombinierte Aufnahme- und Wiedergabeköpfe, bei denen die Spaltbreite weitgehend durch die Forderungen der Wiedergabeseite festgelegt ist. Diese Köpfe sind in gewissem Sinne eine Kompromißlösung, bei der die Forderung nach Durchmagnetisierung bei der Aufnahme nicht mehr ganz zu erfüllen ist. Die Beherrschung der Fertigungsmethoden hat es aber ermöglicht, durch optimale Dimensionierung Köpfe herzustellen, die bei geeigneter Wahl des Vormagnetisierungsstromes Darbietungen mit UKW-Qualität auch bei kleinen Bandgeschwindigkeiten aufzeichnen und wiedergeben können. ...“ [52] Kombikopf reichte also … meinte man den Verbrauchern verkaufen zu können.

   

Auch der Titan ist ein Kombikopf-Gerät, welches das Mithören bei der Aufnahme nur vor Band zulässt. Eine Reduzierung der Klangqualität konnte durch die Verbesserung der Bauelemente, die Optimierung der Schaltung, der Bandführung und vor allem durch die Verbesserung des Bandmaterials vermieden werden.

Doch tatsächlich ist es so, dass die erste Vorstellung des Titan für den Nordmende-Handel nur einen Satz zum Thema Klangqualität kannte: „… Zusammen mit einem Ultratonkopf (…) ist der Verstärker zur Entzerrung der Wiedergabespannung des Kopfes so ausgelegt, daß bei der Bandgeschwindigkeit von 19 cm/s der Frequenzumfang bis zur Hörgrenze (18 HKz) reicht. ...“ [4]

Den „mittleren EMK-Verlauf“ für den „Ultratonkopf3411 und 3411a präsentierte Telefunken in der ersten Mai-Ausgabe der FUNK-TECHNIK, im Rahmen eines „Vorbericht zur Deutschen Industrie-Messe Hannover 1958“ [53]. Bei 19 cm/s endet die gezeigte Kurve jedenfalls um 18 kHz bei etwa 6 dB unter dem Maximum (von - 2dB bei 3 kHz).


Einwurf:Fortschritt bei Tonbandgeräten“ Ein Leserbrief vom Jahresende 1960 an die FUNKSCHAU:
Als 1956/57 die Bandgeschwindigkeit von 9,5 cm/sec für Musik-Aufnahmen, wegen des relativ guten Frequenzganges allgemein empfohlen wurde, wagten es „rückständige“ Leute zu behaupten, daß für gute Aufnahmen nicht nur der Frequenzgang, sondern auch die Dynamik zu schlecht seien. Sie bleiben bei 19,5 cm/sec und dabei relativ guter Dynamik (7...10µ Luftspalt, z.B. KL15-Tonköpfe). Die Antwort der Industrie bestand in der Einführung von Köpfen mit 4µ Luftspalt. Dies verbesserte zwar den Frequenzgang, ließ aber die Dynamik noch schlechter werden; da nützt dann auch eine Bandgeschwindigkeit von 19 cm/sec nichts mehr.

Weil nun andererseits die Bandgeschwindigkeit von 4,75 cm/sec nicht ganz für Qualitätsaufnahmen geeignet war, kam die Industrie mit der Vierspur-Technik heraus.

Heute jedoch macht man nicht jene Köpfe mit 4µ Luftspalt, jene 4,75 cm/sec und die Vierspur-Technik für die minderwertige Aufnahmequalität verantwortlich, sondern gewisse „drop outs“ auf den Tonbändern. Es ist dabei unbedingt zur Rückkehr zu 7µ-Tonköpfen, Zweispur-Technik und 19 cm/sec zu raten. Auch dann beträgt der Preis einer Eigenaufnahme nur ein Viertel des Schallplattenpreises, selbst mit Gema-Gebühr.

Eine Grenzfrequenz von 12 kHz, wie sie beim UKW-Rundfunk verwendet wird, genügt auch für gute Violinaufnahmen; warum also höhere Grenzfrequenzen als 12 kHz, wenn sie nie ausgenützt werden? Besser wäre statt dessen etwas mehr Dynamik. ...
“ [59]

Der sogenannte „Ultra-Tonkopf“, mit dem Nordmende den Titan ausgestattet hat, wird in der Anleitung mit einem Kopfspalt von 3,5µ Spaltbreite beschrieben [1].

   

Der Leser schrieb weiter: „… Ein weiterer sehr kritischer Punkt ist die Aussteuerungskontrolle. Wer sich bei dem heutigen geringen Dynamikumfang auf das Magische Auge verlässt, kann überzeugt sein, daß er weit von den optimalen Bedingungen entfernt ist. Besser wären Anzeigeinstrumente; das einzig wirklich gute ist jedoch: Hinterbandkontrolle! Der zweite Hörkopf lohnt sich, eine verdorbene Aufnahme bereitet ernsthaften Tonjägern viel Ärger. ...“ [59]



Es ist heute kaum mehr nachzuvollziehen, ob und in welchem Umfange die Anzahl der eingesetzten Tonköpfe oder die Breite ihres Kopfspaltes entscheidend dafür gewesen sein mag, ob in der Realität, beim Verbraucher im Wohnzimmer, ein Klein Magnetofon 35 oder ein Titan besser geklungen haben mag.
Und wer diese Geräte anno 1958 nicht beide im Test hatte direkt miteinander vergleichen können, der hatte keine Grundlage für eine Entscheidung, denn die Prospekt-Angaben der Hersteller waren nicht standardisiert und somit nicht wirklich vergleichbar gewesen: So war beispielsweise der Frequenzgang zwar angegeben, das aber ohne Bezug und oft auch ohne +/- dB-Angabe. Klirrfaktoren und andere Versuche einer technischen Beschreibung des Geräteklanges waren der Werbung jener Zeit eher fremd gewesen. Und nicht nur jener Zeit.

So bewarben die Bremer die erreichbare Klangqualität des Titan halt weniger mit aussagekräftigen Technischen Daten, sondern mit dem Begriff „Hi-Fi": „Frequenzumfang bis zur Hörgrenze, der HiFi-Qualität entsprechend …" [1]

   

„High Fidelity“, das war ein Schlagwort, das in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts in den USA aufgekommen war. Bedeuten tat es eigentlich nichts, war wohl ursprünglich aus der Beschreibung einer verbesserten Klangqualität entstanden.
Hatte man nach dem „good tone", mit dem schon Edison den Klang seines Phongraphen beschrieben hatte, zunächst von der „fidelity of reproduction" gesprochen, um die Güte der Grammophon-Wiedergabe zu beschreiben, dürfte mit der Einführung des elektrischen Recordings und der Elektrifizierung der heimischen Übertragungsanlagen der Bedarf nach einem Superlativ entstanden sein und könnte sich die „high fidelity of reproduction" als Beschreibung dafür entwickelt haben.
Nun hatte die neue Aufnahme-Technik und hatte auch die Elektrifizierung der heimischen Übertragungsanlagen zwar eine Erweiterung des Frequenzganges versprochen, doch nicht notwendig sofort eine Klangverbesserung gebracht, da insbesondere die Lautsprecher-Systeme und deren Abstimmung zunächst oftmals unverändert geblieben waren. So war ein größerer Frequenzumfang nicht notwendig als Klangverbesserung erfahrbar gewesen. Im Gegenteil! Ein beschränkter Übertragungsbereich der Lautsprecher und ärgerliche Resonanzen der Chassis und auch der Gehäuse verdarben den Zuhörern den Spaß an der neuen Technik. Um so mehr wurden Klangregelung, Filter und Loudness eingebaut und beworben, als „HiFi“ beworben.
Wohl aus der Beschreibung „high fidelity of reproduction“ war, mit dem Mittel der Abkürzung, schon in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre ein Schlagwort „High Fidelity“ entstanden, dessen Verwendung schon Anfang der dreißiger Jahre in den Radio-Magazinen der USA als vollkommen sinnentleerte Floskel kritisiert worden war, mit der seitens der Hersteller halt alles mögliche beschrieben worden wäre, so die genannten Ausstattungen, was nicht notwendig etwas mit der Klangqualität eines Radiogerätes zu tun gehabt hätte. Erst recht nicht, mit dem Potential auf Klanqualität. So schrieb beispielsweise Hubert L. Shortt, selber über lange Zeit als OEM für die amerikanische Radio-Industrie tätig, im Dezember 1934, rückblickend für die RADIO-NEWS, „... and the term “high-fidelity” is likely to become used, abused and probably meaningless.“ [42]
Trotzdem benutzte der Herstellerverband Radio Manufacturers Association die liebgewonnene Floskel und formulierte 1934 den ersten HiFi-Standard samt definierten Grenzwerten für Frequenzgang und Ausgangsleistung (50-7.500 Hz +/- 10 dB und 10 Watt bei 5% Klirr).
Leider beschrieb man nicht das technisch Mögliche, was auch die Autoren der TELEFUNKEN-NACHRICHTEN im Jahre 1935 kritisiert und zu dem Resümee veranlasst hatten, die in den USA und Großbritannien in Mode gekommene Verwendung des Begriffs „High Fidelity“, die „... nichts anderes als die guten Eigenschaften ...“ beschriebe, „... die die Telefunken-Verstärker schon lange besitzen, ...“ habe „... also in Deutschland keine Berechtigung.“ [43]

Trotzdem blieb der HiFi-Standard der RMA bis ins Jahr 1958 als einzige erklärte Definition des Begriffes gültig und wurde in den USA weiterhin verwendet. Selbst die Film-Industrie nutzte das Schlagwort, so wie zum Beispiel 1955 Paramount bei Alfred Hitchcock‘s „Immer Ärger mit Harry“. Vor allem im Kontext des Frequenzgangs, so wie auch bei dem Titan, wurde der Begriff benutzt. Und da die deutschen Hersteller in den fünfziger Jahren nicht nur die USA als Absatzmarkt entdeckt hatten, sondern dort auch sehr erfolgreich gewesen waren, war es ganz natürlich gewesen, eine Geräteklasse mit dem dort eingeführten Schlagwort zu bezeichnen. Dies um so mehr, als dass in den USA eine neue Generation Hersteller den Begriff „High Fidelity“ nach dem Krieg neu für sich entdeckt und mit Leben zu füllen versucht hatte.
Und eben diese Hersteller schickten sich an, Europa für ihre Produkte zu begeistern und versuchten den Begriff, mit dem sie ihre Geräte bezeichnet hatten, auch hier bekannt zu machen. Europäische Reporter, die wenig Ahnung davon gehabt hatten, was sich in Wirklichkeit hinter dem Begriff „High Fidelity“ versteckte oder verstecken sollte, und wie die Komponenten, die unter diesem Begriff vermarktet wurden, technisch einzuschätzen waren, sorgten dafür, dass der eine oder andere Leser auf die Idee kommen konnte, das müsse etwas Besonderes sein. Kein Nachteil für die Vermarktung eines Groß-Supers mit „Hi-Fi-Taste“ oder einer HiFi-Bandmaschine an der Heimatfront.

Allerdings bemerkten auch die Fachleute in Europa bald, die Begriffsverwendung von High Fidelity, die sich mehr oder weniger ausschließlich um den erzielbaren Frequenzgang rankte, war wenig geeignet irgendeine Qualitätsaussage über die tatsächliche, klangliche Leistungsfähigkeit einer Übertragungsanlage zu machen.
Und in den USA war ein Streit über die Neu-Definition einer High Fidelity-Norm entbrannt, der schließlich zu Gründung zunächst des High Fidelity Institute of the Electronic Industries und dann des konkurrierenden Institute of High Fidelity Manufacturers geführt hatte, welches 1958 schließlich Standards für die Veröffentlichung von Technischen Daten in Prospekten für monofone Tuner und Verstärker beschrieb, und diese als „High Fidelity-Standards“ bezeichnete.
Das IHFM konnte zwar die Begriffs-Verwendung nicht für sich allein reklamieren, doch entstand in den USA durchaus der Eindruck, es hätte es gekonnte, und waren nicht nur die ausländischen Hersteller von der Mitgliedschaft in dem IHFM ausgeschlossen gewesen; auch die Deutschen, konnten somit auch nicht an den Veranstaltungen des IHFM teilnehmen.. Auch Nordmende nicht.

Letztlich sorgte das Aufkommen der Stereofonie in Deutschland dafür, dass der Begriff „High Fidelity“ in den Hintergrund trat. Geräte mussten „stereo“ können, durften aber weder größer noch teurer werden, so dass man, im Vergleich zu den Vorjahres-Modellen, pro Kanal an Leistung und an Lautsprecher-Ausstattung sparte. Das wird nicht zuletzt aus den Beschreibungen der Nordmende Rundfunk-Empfänger der Jahrgänge 1958 und 60 in den jeweiligen Nordmende-Prospekten deutlich.
Bis das Deutsche Hi-Fi Institut dhfi den Begriff High Fidelity hierzulande wieder Salon-fähig und für das Marketing einsetzbar machte. Erst danach bekam der Titan bei Nordmende, in der 8001/T von 1967, die schon erwähnte standesgemäße Nachfolgerin.

(Fortsetzung folgt ...)
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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#3
Kontrollierte Bewegung.

Im Jahre 1955 hatte Willi Studer den Prototypen der Revox 36 präsentiert. Nur ein Jahr soll es gedauert haben, bis die zweitausend produzierten Exemplare verkauft gewesen waren. 26,5 cm Spulendurchmesser, 9,5 und 19 cm/s in Halbspur Mono-Technik, Kombikopf, ein 3-Motoren Antrieb mit einer Steuerung mit elektronischen Drucktasten und einer Magnet-gesteuerten Brems- und Andruckmechanik zeichneten dieses Gerät aus. Schon 1956 hatte Studer die B36 vorgestellt, die von ihm erstmals getrennte Tonköpfe für Löschen, Aufnahme und Wiedergabe spendiert bekommen hatte. Diese Maschine wurde, in der Ausstattung unverändert, nochmal verbessert und erschien 1958 als C36.
Carad hatte 1956 die R62 präsentiert, die in verschiedenen Evolutionsstufen bis in die Sechziger hinein zu haben gewesen war. Auch hier konnten große Spulen verwendet werden, auch hier werkelten drei Motoren und sogar drei Tonköpfe. Auch hier kamen elektrische Drucktasten und eine magnetisch motivierte Bremse zum Einsatz.
Diese Geräte-Typen repräsentierten wohl das, was man heute vergleichsweise als „Highend" bezeichnen würde. Darüber gab es hierzulande nur noch die echten Studiogeräte von Telefunken, Vollmer, Studer oder Saja. Und wer sich die Großen nicht hatte leisten können?

Die Telefunken KL35, Sabafon TK75 oder Grundig Recorder TK830 waren kaum preiswerter als die schweizer und belgischen Bewerber um die Kundengunst gewesen. Sie boten mehr Ausstattung, dafür aber kleinere Spulen und einen einfacheren Antrieb mit zentralem Motor, aufwendigem Getriebe und mit einer mechanischen Steuerung.

Lediglich Max Ihle hatte in Deutschland, 1957 mit seiner Bayreuth, einen 3-Motorer vorgestellt. Nur Ihle?

   

Wer einen Blick auf die Front des Titan wirft dem fällt auf, die beiden Spulenteller zeigen eine dreifache Verschraubung, die durch Plastikknöpfe abgedeckt ist. Wer jetzt Assoziationen mit der schon genannten Nordmende 8001T, aber wer ebenso Assoziationen mit einer Saba 600SH. Braun TG1000, ASC AS5000T oder AS 6000T, selbst mit einer Brenell, einem Körting 89er Typen, Autenrieth TGS1000 oder Electron SLG hat, der darf sich auf die Schulter klopfen: Papst. Genau. Man könnte sogar einen Spulenteller der späteren Generationen bei der Nordmende aufsetzen.

Preislich irgendwo zwischen der Uher 730 und der Grundig TK830 rangierte der Nordmende Titan. Und der war 1958 wohl die einzige Bandmaschine eines deutschen Großserien-Herstellers gewesen, die tatsächlich mit drei Antriebs-Motoren daher kam! Biesler's Radiofundgrube postuliert den Titan sogar als „… das erste deutsche Heim-Tonbandgerät mit drei Motoren ...“ überhaupt.. Und diese Information gab auch Nordmende selber in seiner Hauszeitschrift an den Handel weiter: „… Das hervorstechendste Merkmal ist zweifellos die Ausstattung des Geräts mit drei Motoren. Als erstes deutsches Heimtonbandgerät enthält es in dieser Hinsicht den Komfort eines Studiogerätes. ...“ [4]

   


Gegenüber der von Herrn Krones in der Grafik gezeigten früheren Konstruktionen hat Nordmende einen modernen 3-Motorer mit Direktantrieb der Tonwelle gebaut. Durch den Außenläufer-Motor entfällt die extra Schwungmasse samt dem notwendigen Antrieb über Reibrad oder Riemen.

   

Die Tonwelle endet im Zentrum des Außenläufers eines Papst KM 20.80 – 6/12 – 435D, hier vom 16.07.1958. Dieser ist mit sechs Litzen direkt auf der Platine des Geschwindigkeits-Umschalters angelötet, wird also mit zwei verschiedenen Spannungen für die beiden unterschiedlichen Geschwindigkeiten angesteuert. Der Umfang der Tonwelle muss nicht verändert, soll die Bandgeschwindigkeit umgeschaltet werden.
Als quasi „Schwungscheibe“ dient ausschließlich der Läufer. Eine Bremse hat dieser Antrieb nicht.

   

Die Wickelmotoren sind mit ROT 32.65-6-220D beschriftet; das Produktionsdatum weist bei meinem Gerät den 6.08.1958 aus.

"Durch seinen vollelektronischen Antrieb mit drei Motoren ist 'Titan' frei von Riemen und Kupplungen." [1] beschreibt die Bedienungsanweisung „Tonbandgerät Titan".
Gegenüber dem Handel hatte Nordmende die Vorteile der Technik detaillierter aufgezählt: „Durch die Verwendung von drei Motoren ergeben sich folgende Vorteile: 1. hohe Umspulgeschwindigkeit (…) 2. die Umspulgeschwindigkeit ist unabhängig von der jeweils eingestellten Bandgeschwindigkeit. 3. Wegfall von Riemen und Kupplungen, die bei nur einem Motor den Bandzug sowie die Spiel- und Umschaltfunktionen zu steuern hätten….“ [4]


Die AEG hatte ihre Studiomaschinen mit drei Motoren ausgerüstet gehabt. Allerdings besaß die AEG auch die Patente für diese Technologie. Im Gegensatz zum Ausland, wo die deutschen Patente in Kriegszeiten aufgehoben worden waren und von jedermann hatten frei verwertet werden können, mussten deutsche Hersteller, die vermeiden wollten in Gefahr zu laufen, Patent-Gebühren nach Berlin überweisen zu müssen, eigene Mechanismen entwickeln.
Zudem waren Bandmaschinen groß und schwer gewesen. Für Heim-Tonbandgeräte hatte man die Idee gehabt, kleinere und vielleicht sogar transportable Geräte zu bauen. Und Elektro-Motoren waren schwer gewesen, hatten Volumen gehabt, das untergebracht hatte werden müssen, hatten Geld gekostet und waren, vor allem unmittelbar nach dem Krieg, auch knapp und teuer gewesen. Was lag also näher, als alle Antriebs-Aufgaben durch einen einzelnen Motor erledigen zu lassen?

Nur bedeutet der Einsatz eines zentralen Antriebes auch, dass er mit Hilfe einer Menge Mechanik in die Lage versetzt werden muß, die Aufgaben zu übernehmen, die ursprünglich drei Motoren bearbeitet hatten.

Ein Tonwellenantrieb läuft in der immer gleichen Geschwindigkeit. Der Umfang des Bandkörpers auf der Aufwickelspule nimmt jedoch immer weiter zu, so dass die Drehzahl der Achse dort immer weiter sinken muss, um den Bandzug an der Tonwelle stabil zu halten, während an der Abwickelseite genau das Gegenteil passiert. Schon das bedeutet hohe Anforderungen an die Mechanik oder eine hohe Belastung für das Bandmaterial, so es denn Steuerungsaufgaben: die eine Spule Bremsen, die andere Spule Ziehen, übernehmen soll.
Beim Umspulen müsste die Umdrehungsgeschwindigkeit am Aufwickelteller deutlich höher sein, als bei der Wiedergabe oder Aufnahme. Hier müsste also eine Übersetzung zum Zuge kommen oder aber der eine Motor eine weitere Geschwindigkeit bieten. Eine Übersetzung bedeutet aber auch, dass die Umspulgeschwindigkeit sich unterscheidet, je nachdem ob die Bandgeschwindigkeit auf z.B. 9,5 oder 19 cm/s voreingestellt ist. Beim Rückspulen muss zudem die Drehrichtung umgekehrt werden, was entweder eine veränderte Ansteuerung des Motors nötig macht oder aber einen höheren mechanischen Aufwand.
Hinzu kommt die Auswahl des Motor-Typs. Während der Tonwellenantrieb einen stabilen Gleichlauf verlangt, was vor allem bei nicht vorhandenen Hilfseinrichtungen für die Geschwindigkeitskontrolle eine vergleichsweise hohe Masse erfordert, ist beim Umspulen eher das schnelle Anlaufen und Abbremsen des Antriebs gefragt. Bedingt durch die höhere Drehgeschwindigkeit fordert das Umspulen aber auch ein weiches Anfahren und Abbremsen, damit das Band geschont wird.
Das Resultat war die Verwendung von Kupplungen, mehrfach paralleler Kraftübertragung, von Getrieben usw., die neben dem Herstellungs- und Service-Aufwand auch Gewicht verursachen. In meinen Vorstellungen der Uher 95 und der Grundig TK5 habe ich solche Mechanismen gezeigt.

Aber die Zeiten änderten sich. Die FUNKSCHAU forderte daher 1958, in ihrem Bericht zur Hannover-Messe: „Wickelmotoren sind heute nicht mehr allzu teuer. Warum verzichtet man bei Heimtonbandgeräten nicht auf die kritische Kupplungsmechanik und verwendet wieder Wickelmotoren?“ [21]
Und genau diese Lösung hatte Nordmende auf eben jener Hannover-Messe vorgestellt: Der Hersteller hatte daher seinem Handel erklärt, „… das unkomplizierte Drei-Motoren-System erleichtert dem Service-Techniker die Arbeit und bietet überdies dem Besitzer eine Reihe von Vorteilen, wie schnelle Impulszeit usw. Besonders wichtig ist wegen des weichen Anfahrens der Wickelmotoren und des Fortfalles des Kullplungsrückens die Bandschonung. ...“ [7]

Die Bandgeschwindigkeiten werden durch einen polumschaltbaren Außenläufermotor, der eine große Schwungmasse hat, konstant gehalten ...“ [4], formulierte Nordmende in seiner Vorstellung. Der Läufer mit seinem Eigengewicht von insgesamt 845 Gramm ersetzt das Schwungrad. Der Riemen- oder Reibrad-Antrieb für so eine Schwungscheibe konnte damit ebenso konstruktiv eingespart werden, wie ihr Volumen und Gewicht, ebenso der regelmäßige Austausch verbrauchter Gummi-Teile.
Der Außenläufer dreht immer, solange der Titan eingeschaltet ist. Ein elektrischer „… Kontakt auf der „Start“-Taste betätigt einen Andruckmagneten, der die Gummiandruckrolle parallel an die geschliffene Tonachse des Hauptmotors andrückt und damit den gleichmäßigen Bandtransport gewährleistet. Durch ihre federnde Halterung richtet sich die Andruckrolle selbstständig auf die Tonachse aus ...“ [4] und realisiert den Vortrieb.

   

Mit „federnder Halterung“ ist der Schlitten gemeint, auf den die Halterung der Andruckrolle montiert ist. Dieser ist zwischen einen Seilzug und eine Feder eingespannt und wird letztlich mit Hilfe eines Magneten bewegt.
Bei Schnellstop (Pause) bleibt die Tonrolle übrigens aktiv, werden jedoch „… die Wickelmotoren sowie die Andruckrolle für das Tonband außer Betrieb gesetzt. ...“ [4] Das wird mit Hilfe eines Federkontaktsatzes ausgelöst.

   

Die Teller, die die Bandspulen aufnehmen, sitzen unmittelbar auf den Wickelmotoren. Hierdurch entfallen sämtliche schwierigen mechanischen Teile; das Tonbandgerät wird dadurch außerordentlich betriebssicher, zuverlässig und stabil ...“ [4]. Gemeint mit dem „entfallen“ sind nicht nur die Reibräder für die Kraftübertragung und die Mechanismen zur Auskupplung des Antriebes, sondern auch die Rutschkupplungen zwischen Antrieb und Spulentellern, die sonst sicherzustellen gehabt hatten, dass Spule und Teller in unterschiedlicher Geschwindigkeit hatten drehen können.
… in Stellung „Start“ (Wiedergabe oder Aufnahme) ...“ liegen beide Wickelmotoren „… an einer kleinen Spannung (70V) ...“ und haben „… gegensinnige Laufrichtung … Der rechte Motor erhält ein linksdrehendes Moment und übernimmt damit die Aufwickelfunktion. Der andere Wickelmotor stellt mit seinem entgegengesetzten Drehmoment den Bandzug her. (…) Beim Umspulbetrieb (…) erhält … jeweils ein Wickelmotor die volle Spannung (200V); der andere Motor liegt dagegen weiterhin an der kleinen Spannung und bestimmt den Bandzug. ...“ [4]



Wer schnell spult – vier Meter pro Sekunde nennt Nordmende, siebzig bis achtzig Sekunden Umspulzeit schrieb die FUNKSCHAU [21] -, der muss kräftig bremsen. Die üblichen, meist Filz-belegten Bremshebel, die bei zeitgenössischen Bandgeräten dominiert hatten, würden kaum ausreichen die Bandteller des Titan sanft zum schnellen Halten zu bringen.
Die Nachfolgerin des Titan und ihre Halbschwestern mit Papst-Antrieb hatten auf Bremsbänder gesetzt. Nicht so der erste Bremer Bolide!

   

Das Bremssystem in dem Titan sieht so aus, dass auf der Oberseite des Chassis, direkt zwischen den Wickelmotoren, ein Lüftmagnet sitzt (nicht „Luftmagnet“!). Oberhalb des Magneten befindet sich eine in der Höhe beweglich gelagerte Metallbrücke, die mit ihm durch einem Stößel verbunden ist. Diese Brücke hat in der waagerechten Ebene an ihren linken und rechten Enden jeweils eine Achse, an der jeweils ein Bremsarm beweglich gelagert ist. Beide Bremsarme sind wiederum mit einer Achse mit dem Chassis verbunden und mit ihrem anderen Ende mit einer Zugfeder. Zwischen Achse und Zugfeder sitzt jeweils ein sogenannter „Bremskörper“. Bei den Bremskörpern handelt es sich um eine Art Andruckrolle, also um einen drehbar gelagerten Metallkörper der mit einem Gummiring bezogen ist.

   

Solange der Lüftmagnet stromlos, also das Bandgerät ausgeschaltet oder auf „Stop“ steht, ziehen die Federn die Bremsarme nach unten und damit die Bremskörper gegen die Außenläufer der Wickelmotoren.
Ist der Titan eingeschaltet und das Laufwerk in Betrieb, zieht der Magnet seinen Stößel samt der Brücke nach unten und bewegt damit die Bremsarme, entgegen die Federkraft, um die Achse ihrer Lagerung, was dazu führt, dass die Bremskörper vom Läufergehäuse abgehoben, also gelüftet (!) werden.

Schon in der Gebrauchsmuster-Anmeldung für eine „Vorrichtung zum Abbremsen von Bandwickeleinrichtungen, insbesondere von Bandspulen in Tonbandgeräten“ vom April 1957 hatte Nordmende ein Brems-System beschrieben, bei dem die Bremskörper direkt auf das Läufergehäuse wirken, „… dadurch gekennzeichnet, daß die Bremskörper … steuernden Hebel … mit einem elektromagnetischen Stellorgan, vorzugsweise mit einem Lüftmagneten … in Einstellverbindung stehen, dessen Erregerwicklung … im Stromkreis des Band- und Spulenantriebes liegt.“ [18]
Das bedeutet konkret, „… am Außenmantel eines jeden Wickelmotors greift je eine als Gummirolle ausgebildete drehrichtungsabhängige Bremse an, die beim Start und Umspulbetrieb von einem Elektromagneten freigegeben wird….“ [18] Wird die Stop-Taste bedient, wird gleichzeitig der Brems-Magnet stromlos gestellt und damit der Federtrieb für die Bremsung quasi losgelassen.
… Die Bremskraft ist durch die an den Bremshebeln angebrachten Federn einstellbar (…). Die Bremshebel sind in ihrer Längsrichtung verschiebbar und betätigen dabei ihnen zugeordnete Kontaktfedersätze. Wird nach einem Schnellumspulen das Gerät auf „Stop“ geschaltet, so legen die Bremsen an; die Wickelmotore werden stromlos und mechanisch abgebremst. Die Bremsrollen sind nun so ausgebildet, das jeweils der ablaufende Teller freiläuft (Freilaufprinzip) ...“ [4]. Es wird also primär die angetriebene Seite gebremst.

In AM MIKROFON begründete Nordmende den Einsatz dieser Konstruktion damit, dass eine rein elektrische Bremsung nur bei anliegender Spannung funktioniert. Netzschwankungen oder -Ausfälle, Ziehen des Netzsteckers oder versehentliches Abschalten hätten ein Risiko bedeutet.
Nordmende behauptete deswegen auf die elektrische Bremsung verzichtet zu haben, um zu vermeiden dass „ein Bandsalat“ [4] entstehen könne und habe daher auf eine „elektro-mechanische“ Bremsung gesetzt.
Wem diese Überlegungen heute merkwürdig vorkommt, der sollte nicht vergessen, dass der Titan in der zweiten Hälfte der Fünfziger konzipiert worden war und das Nordmende auch für den Export gebaut hatte. Damals hatte die Netzstabilität ein anderes Niveau gehabt, als heute. Auch in Deutschland. Mehr noch in anderen Ländern, selbst der sogenannten Ersten Welt: Hollywood hatte noch später sogar Filme über Stromausfälle in den USA produziert. Beispielsweise in der DDR war es durchaus üblich gewesen, hochwertige Geräte mit einem zusätzlichen Trafo, zwischen Stromnetz und eigenem Netzteil, zu versorgen.

Übrigens bremst der Titan nicht nur nach dem Druck auf die Stop-Taste: „… Ein Schaltkontakt am Bandumlenkbolzen schaltet den Drucktastensatz des Gerätes beim Durchlauf der Schaltfolie durch einen Abschaltmagneten selbstständig auf Ruhestellung („Stop“). ...“ [4]



Ein schneller Umspul-Antrieb hat die Eigenart, dass die hohe Geschwindigkeit erst abgebremst werden muss, was Zeit kostet; das vor allem, wenn das Bandmaterial dabei nicht mechanisch belastet werden soll.
Nicht zufällig wies Nordmende schon in der Gebrauchsmusteranmeldung für sein Bremssystem darauf hin, dass „… möglichst vermieden werden muß, dass durch den Tonrollenantrieb bereits auf Zug beanspruchte Band noch zusätzlich mit auf Zug wirkenden Funktionen zu belasten.“ [18]

Eine weitere konstruktive Besonderheit des Titan ist die patentierte „Bandschutzautomatik“ [15] der Bremer, die in der Patentschrift 1121827 beschrieben ist.
In der Patentanmeldung für eine „Einrichtung zur Vermeidung von Verschlingungen langgestreckter umspulbarer Tonträger von Magnettongeräten“ thematisiert der Erfinder Gottfried Hentschel, „… bei einer sehr schnellen Schaltfolge von ‚Stop‘ auf ‚Start‘ ...“ würde zum Beispiel nach schnellem Rücklauf „… das Band durch den noch nicht abgebremsten Rücklaufschwung des Wickelmotors (2) und der mit ihm verbundenen Bandspule noch weiter in Richtung der mit dem Motor (1) verbundenen Bandspule transportiert, während die Tonrolle infolge der bereits angelegten Andruckrolle das Tonband bereits in umgekehrter Richtung, d.h. in Richtung der mit dem Wickelmotor (2) verbundenen Bandspule transportiert. Das Band staut sich in diesem Moment dann sofort zu einer großen Bandschleife, rutscht von seinen Führungen und verklemmt sich unter Umständen auch unter der Bandspule. ...“ [15] Ob Herr Hentschel das ausprobiert hatte? Das erste Vorführmodell war fertig gewesen, der ganze Vorstand versammelt, der Erfinder druckt auf Rückspulen, dann auf Stop und auf Start und … Martin Mende lehnt die Umsetzung ab?

Aufbauend auf das bereits 1957 vorgestellten Brems-System hatte Hentschel für Nordmende „… die Halterungen für die Bremsorgane … so ausgebildet und angeordnet …, daß durch die während der Schwenkbewegung für den Bremsvorgang senkrecht zur Andruckrichtung der Bremsorgane … gerichtete Schiebebewegung Ruhekontakte … betätigbar sind, mit denen durch Unterbrechung von Stromkreisen eine erneute Einschaltung der Verstelleinrichtung … für die Tonbandandruckrolle … sowie des frei laufenden Wickelmotors während der Auslaufzeit des Tonbandes verhindert wird. ...“ [15]
Soll heißen, der Elektromagnet oberhalb des Kopfträgers, der den Schlitten bewegt, auf dem die Andruckrolle sitzt, und der Wickelmotor bekommen erst dann wieder Strom, wenn eine Rückholfeder „… entgegen der Ruhereibung zwischen der Bremsrolle und der Bremsfläche am Läufermantel ...“ [15] dafür sorgen kann, dass sich der Bremshebel wieder in seine Ausgangsposition bewegt und die Ruhekontakte schließt. Solange die Reibung zu hoch, also das Läufergehäuse noch in Bewegung ist, reicht die Kraft der Rückholfeder nicht aus.
In der ersten Vorstellung des Titan liest sich das so: „… Während der kurzen Zeit bis zum völligen Stillstand der Bandrollen betätigt die jeweils bremsende Rolle über ihren Bremshebel den Kontaktsatz. Zwei Ruhekontakte unterbrechen den Stromkreis des Anzugsmagneten sowie die Spannung für den jeweils freilaufenden Wickelmotor. Diese Schaltung sorgt dafür, daß – solange der Bremsvorgang anhält – beim Drücken der „Start“-Taste das Gerät außer Funktion bleibt, wodurch Bandschleifen und -verwirrungen verhindert werden. Erst wenn die Bandteller völlig zum Stillstand gekommen sind schließen sich die Kontakte wieder, und das Gerät läuft an. ...“ [4]

Die Bedienungsanleitung des Titan weist dem Bediener zusätzlich eine Aufgabe zu: „Sollten sie versehentlich bei noch schnell laufendem Band die Starttaste gedrückt haben, so wird ihr wertvolles Band durch eine eingebaute Bandschutzautomatik vor Beschädigung und Verwirrung geschützt. Läuft nach einer solchen versehentlichen Fehlbedienung das Gerät bei gedrückter Starttaste nicht von selbst wieder an, so müssen Sie durch kurzes Drücken der Schnellvorlauf- oder Schnellrücklauftaste den Sperrmechanismus der Schutzautomatik wieder auslösen.“ [1]



Eine Schlaufenbildung tritt in einer Bandführung jedoch nicht nur dann auf, wenn schnell zwischen den Laufwerksfunktionen gewechselt wird.
In der Patentanmeldung für eine „Vorrichtung zum Spannen eines band- oder drahtförmigen Tonträgers in Geräten zur Schallaufzeichnung und -wiedergabe, insbesondere eines Tonbandes in Magnettongeräten“ beschreibt der Einreicher eine typische Situation: „Bei Magnettongeräten … kommt es vor, daß beim Einschalten des Spielbetriebes (…) das Tonband durch die Tonrolle bereits transportiert wird noch bevor sich die Aufwickelspule in die vorgesehene Drehrichtung in Bewegung gesetzt hat. Dabei entsteht durch Stauung zwischen Tonrolle und Aufwickelspule eine kleine Schleife. ...“ [16]

„Meine Akai hat eine beweglich gelagerte Umlenkrolle“, denkt jetzt der eine oder andere Mitleser. Hatte sie das auch schon 1958?
Zumindest in der SBZ war so etwas zum Beispiel als „Anordnung zur Überwachung der Bewegung eines band- oder drahtförmigen Tonträgers bei Schallaufzeichnungsgeräten“ des VEB Funkwerk Köpenick bekannt. Heinrich Fanselow und Heinz Lehmann hatten in Ihrer Patentanmeldung eine Vorrichtung beschrieben, bei der das Band über „… schwenkbare oder drehbare Körper, z.B. Rollen oder bewegliche Segmente geführt, die in Folge der Haftreibung durch den vorbeigleitenden Tonträger aus ihrer Ruhestellung gebracht werden und dabei Schaltvorgänge auslösen ...“ [45] können, aber eben auch das Band gespannt halten. Wirklich wenig von dem ist neu, was wir in geliebten, vermeintlich modernen Artikeln finden.

Doch brauchen solch „bewegliche Segmente“ auch Platz und ist der Titan kein Studio-Bandgerät. Ab der Mitte der fünfziger Jahre galt es den Markt für die Magnetton-Technik zu vergrößern und das ging nicht mit Geräten mit aufwendiger Bandführung im vierstelligen Preisbereich. Bei mobilen Bandgeräten auch nicht. Daher schrieb der Antragsteller bei Nordmende zu den alternativen „… federbelasteten Rollen, die das Band ständig unter einem bestimmten zusätzlichen Zug halten ...“, diese „… stellen aber durchweg einen erheblichen Mehraufwand dar ...“ [16]

   

Die Lösung, die die Nordmende-Entwickler auf der Deutschen Industrie-Messe Hannover vorgestellt und im September 1958 zum Patent angemeldet hatten sah vor, diesen „… erheblichen Mehraufwand … bei gleichem Effekt erheblich ...“ [16] zu verringern.
Dazu war „… das Bandspannorgan als zweischenkeliges, um einen Bolzen schwenkbares Drehfederglied ausgebildet …, das sich mit seinem einen Schenkel an einen mit der Verstelleinrichtung für die Tonträgerandruckrolle verbundenen Mitnehmer abstützt und mit seinem freien Ende federnd am Tonträger anliegt. Auch durch eine derart einfach ausgebildete Spannvorrichtung wird bewirkt, daß das Tonband an der kritischen Stelle leicht und selbstnachstellend gespannt wird. ...“ [16]
Zudem glaubten die Nordmende-Entwickler einen weiteren Vorteil in ihrer Vorrichtung gefunden zu haben. Während die „… federbelasteten Rollen das Band ständig unter einem ... zusätzlichen Zug halten ...“ [16], was das Band unentwegt mechanisch belastet, würde der eigene Spann-Mechanismus nur dann auf das Band einwirken, wenn „… durch Druck auf die Starttaste das Tonband von der Andruckrolle an die Tonrolle gedrückt und somit transportiert wird.“ [16] Beispielsweise beim Umspulen wäre der Spann-Mechanismus, der ja an dem Schlitten befestigt ist, mit dem die Andruckrolle bewegt wird, überhaupt nicht mit dem Bandmaterial in Berührung. Ist das Bandgerät abgeschaltet, dann auch nicht.


Ob man die speziellen Lösungen der Nordmende-Mannen für „richtig“ hält, muss heute nicht mehr beurteilt werden. Ob in Nordmendes 8001/T von 1967 auf diese Lösungen verzichtet worden war, weil sie nicht überzeugt hatte, oder weil es sich als billiger erwiesen hatte, auf die etablierten Lösungen zu vertrauen, ist nicht Thema dieser Vorstellung.

Natürlich ist der Titan ein Gerät, mit dem der Hersteller den vermeintlichen Irrwegen der Zeit, beispielsweise der Abkehr vom unbedingten Qualitäts-Anspruch in der Tonübertragung, folgt. Aus heutiger Sicht fast skurril, denn der schnell unterstellten Sparsamkeit in der technischen Ausstattung im Übertragungsweg, steht ein vergleichsweise erheblicher Aufwand in der Konstruktion gegenüber.
Ist es wirklich so, dass die Hersteller unisono der Meinung gewesen waren, der Kunde würde eher auf aufwendige Verarbeitung und güldene Zierelemente schauen, denn auf beste Übertragungseigenschaften?

Mich fasziniert, das der Titan eben nicht „nur“ eine wohlfeile Zusammenstellung bekannter Lösungen und üblicher Ausstattungsmerkmale gewesen war, sondern die Bremer tatsächlich in vielen Details ein „eigenes“ Bandgerät entwickelt hatten. Der Titan bietet Lösungen, die bis dato nicht verbreitet gewesen waren, bietet sogar Lösungen, die man anderswo nicht findet.


   



Funkenflug.

Gedruckte Schaltungen hatten bei Nordmendes Tonbandgerät noch nicht Einzug gehalten. Karl Tetzner hatte im August 1957 für DIE ZEIT erklärt, die notwendigen Investitionen von rund 10.000 D-Mark pro Arbeitsplatz würden sich für die deutsche Industrie noch nicht rentieren [29].

   

Tatsächlich hatten die Bremer die „gedruckte Schaltung“ bereits kurz nach Erscheinen des Titan beworben: Im Prospekt für „die neuen Nordmende-Fernsehempfänger und Fernseh-Rundfunk-Phono-Kombinationen des Baujahres 1958/59.“ [50] Jedoch nicht für Bandgeräte. Dort ist die Elektronik zum erheblichen Teil auf mit Lötfahnen durchstochene Kunststoffplatten aufgebaut.
Doch immerhin sind die Schaltungsträger des Titan nicht wirr im Gehäuse verteilt, wie bei manch jüngerer Bandmaschine prominenten Namens, sondern funktional zusammengefasst und in Modulen gruppiert, die wiederum teilweise einzeln gegeneinander abgeschirmt sind. Diese Module sind auf Metall-Winkel oder -Bänke installiert und mit der Platine verschraubt, teils mit Litzen miteinander verbunden, die die Bremer wiederum mit Schutzhülsen zusammengefasst haben.

   

Man vergleiche den Aufbau des Titan mit dem einer durchschnittlichen Import-Bandmaschine der siebziger Jahre und frage sich noch einmal, was „Fortschritt“ eigentlich bedeutet. Jedenfalls wenn man „Fortschritt“ und „neu“ assoziiert.

So weit, so dass einfach ein zweites, gleiches Verstärker-Modul für die Aufrüstung für die Stereofonie hätte eingebaut werden können, ging die Modularität nicht. Allerdings zeigt ein Durchbruch durch die Platine des Chassis und ein freier Platz unter ihr, dass eine Aufrüst-Option zumindest vorgesehen gewesen war.


Das VDRG-HANDBUCH beschreibt, die Elektronik bestünde aus einer drei-stufigen Verstärkung plus HF-Generator für die Aufnahme und mit fünf Stufen bei der Wiedergabe.
In der Bedienungsanleitung ist noch erwähnt, insgesamt wären sechs Röhren und zwei Selen-Gleichrichter verbaut. Die Ausgangsleistung der Endstufe betrüge 3 Watt. [23]
Hier wird wohl ein technischer Unterschied der beiden Titan-Generationen deutlich. Denn in späteren Veröffentlichungen und durch Ansicht meiner Maschine wird deutlich, in der Regel ist der Titan mit fünf Röhren ausgestattet gewesen. Dabei diente die Kleinsignal-Pentode EF86 als Wiedergabeverstärker bzw. Entzerrerstufe, die erste Doppel-Triode ECC81 als 2. und 3. Entzerrerstufe, die zweite ECC81 als Löschgenerator (Oszillator) und die EM840 als Aussteuerunganzeige. Die ECL82, die nur im Koffermodell eingebaut gewesen war, ist eine Kombination aus einer kleinen Triode und einer kleinen Leistungsröhre die mit ihren 3,5 Watt Ausgangsleistung als Endstufen-Röhre zum Einsatz gekommen war.

   

Der Verstärker-Teil des Titan sei in „Baugruppenbauweise“ [4] realisiert. AM MIKROFON erklärt, die Schaltung bestünde hauptsächlich aus drei Teilen: „1. kombinierter Aufnahme- und Wiedergabeverstärker, 2. HF-Lösch- und Vormagnetisierungsgenerator, 3. Endstufe mit NF-Vorverstärker.“ [4]

   

… Der für die Aufnahme erforderliche Vormagnetisierungs-HF-Strom (etwa 60 KHz) wird dem Löschgenerator entnommen. Der Löschgenerator ist in Gegentaktschaltung ausgeführt und gewährleistet eine einwandfreie Löschung des Bandes vor einer Neuaufnahme.
Eine Tricktaste ermöglicht eine zusätzliche Aufnahme auf bereits bespielte Bänder. Dabei wird der Löschkopf abgeschaltet; die HF-Vormagnetisierungsspannung liegt weiterhin am Aufsprechkopf. Ein Ersatzschwingkreis belastet bei gedrückter Tricktaste den Löschgenerator, wodurch der Vormagnetisierungsstrom einen optimalen Wert behält.
… von der Anode der letzten NF-Stufe des Aufnahme-Wiedergabe-Verstärkers wird die entzerrte NF-Spannung über eine Triode verstärkt und der Endstufe zugeführt. Die wiederum als kompletter Baustein aufgebaute Einheit enthält einen Lautstärkeregler für gehörrichtige Lautstärkeregelung am Gitter der NF-Vorröhre sowie Höhen- und Baßregler an der Anode. Der Baustein ist in sich mehrfach gegengekoppelt, und zwar durch Stromgegenkopplung der Endröhre sowie Gegenkopplung von der Sekundärseite des Ausgangstrafos auf die Kathode der Vorröhre.
“ [4]

   

Hinter dem Ausgangs-Transformator sind der Haupt-Lautsprecher von Lorenz installiert; dies ist ein üblicher Oval-Typ. Bei den beiden Seiten-Chassis handelt es sich um Stat. Hochton-Lautsprecher LSH75 („nur über Schutzwiderstand aufladen“), also um Kondensator-Systeme. Elektrostaten dieses Typs waren als 3D-Lautsprecher in verschiedenen zeitgenössischen Radiogeräten unterschiedlicher Hersteller verbaut gewesen (s.a. http://dampfradioforum.de/viewtopic.php?f=2&t=4158).

   


   

Technische Daten:
Maximale Spulengröße: 18 cm Durchmesser
Doppelspurbetrieb nach internationaler Norm
2 Magnetköpfe: 1x Löschen, 1x Kombi (Ultra-Tonkopf mit 3,5µ Spaltbreite)
Bandgeschwindigkeit: 9,5 und 19 cm/s
Mehrfach Gegenkopplung
3 Watt Ausgangsleistung
Anschluß-Buchse für Zweitlautsprecher mit 4-5 Ohm Impedanz
Normbuchse Ausgang 0,6V / 10 kHz
HF-Löschgenerator in Gegentaktschaltung
Frequenzumfang: 50 – 18.000 Hz +/- 3 dB bei 19 cm/s, 50 – 13.000 Hz +/- 3 dB bei 9,5 cm/s
Störabstand > 40 dB
Abmessungen: 420 x 205 x 385 mm
Gewicht: ca. 15 kg
Wechselstrom: 50 Hz für 110/130/150/220/240 Volt
(Quelle: Anleitung)

Eingänge: Mikrofon 3 mV / 1 MOhm, Platte: 300 mV / 1 MOhm, Radio: 10 mV / 50 kOhm
Ausgänge: Radio: 0,6V/ 10 kOhm, Kopfhörer, 2. Lautsprecher 4,5 Ohm
(Quelle: Geräte-Klappe)

Umspul-Geschwindigkeit: im Mittel 4m/s
Bremsmoment: 500 cm/g
Vormagnetisierungs-HF-Strom: etwa 60 KHz
(Quelle: Am Mikrofon Heft 1 Jahrgang 6)

Löschfrequenz: 63 kHz („Abgleichshinweise“)

Anmerkung:
Die Angabe über den Anschlusswert auf Seite 12 („Wiedergabe“) der Anleitung über „0,6V/10kHz“ könnte man für einen Fehldruck halten.
Die Impedanz des Lautsprecher-Ausgangs wird in der Anleitung mal mit „4 Ohm“, mal mit „4...5 Ohm“ angegeben, auf der Geräteklappe mit „4,5 Ohm“ Ob das Kommata hier den vollen Wert vom Zehntel trennt, oder als Aufzählungszeichen dient, mögen Nordmende-Kenner erklären.

   

Ausstattung:
6 Röhren und 2 Selen-Gleichrichter
Dynamischer Konzert-Ovallautsprecher und zwei zusätzliche 3D-Lautsprecher
getrennte Baß- und Höhenregler
getrennte Aussteuerungsregler für Mikrofon, Plattenspieler und Radio-Eingang
Magisches Band als Aussteuerungs-Anzeige
Automatische Abschaltung am Bandende
7+3 Drucktasten einschließlich Tricktaste und Schnellstop für kurzzeitigen Halt bei voller Betriebsbereitschaft
Selbstsperrende Drucktastenmechanik als Sicherung gegen Fehlbedienungen
Bandzählwerk mit dreistelliger Anzeige zum schnellen Wiederfinden beliebter Aufnahmen
regelbare Mithörkontrolle bei der Aufnahme über Lautsprecher, zusätzliche Mithörkontrolle über Buchse „Kopfhörer“
Anschlussmöglichkeit für Rundfunkgerät, Konzertschrank oder weitere Lautsprecher
(Quelle: Anleitung)

gehörrichtige Lautstärke-Regelung (Am Mikrofon Heft 1, Jahrgang 6, S2f)

Anm.: das Gros der Serien-Koffergeräte war ab 1958 mit fünf Röhren ausgestattet worden

   

VDRG-Handbuch 58/59
Magnetband-Gerät
Koffer, Doppelspur, 19 cm/s und 9,5 cm/s; Spulen max. 18 cm Durchmesser; Aufnahmezeit 2x 45 min bei 19 cm/s oder 2x 90 min bei 9,5 cm/s für 515 m Langspielband
2 Magnetköpfe, Doppelspur, davon 1x Löschen, 1x Kombi
Frequenzbereich: 50-18.000 Hz bei 19 cm/s, 50-13.000 Hz bei 9,5 cm/s
Störabstand > 40 dB
Verstärker: Aufsprech- und Wiedergabeverstärker kombiniert; 3 Stufen + HF-Generator für Aufnahme, 5 Stufen für Wiedergabe, Ausgangsleistung 3 W;
3 Eingänge: Rundfunk (10 mV an 50 kOhm), Mikrofon (3 mV an 1 MOhm), TA (300 mV an 1 MOhm);
Lautstärkeregler für Aufnahme und Wiedergabe; getrennte Höhen- und Tiefenregler; Mithören vor Band über Kopfhörer und Lautsprecher; Aussteuerungskontrolle durch Magisches Band; Bandzählwerk
Bedienung: 10 Drucktasten für Aufnahme, schnellen Vorlauf, Stop, Start, schnellen Rücklauf, Ein/Aus, Bandgeschwindigkeit, Aufnahmesperre, Tricktaste, Schnellstop
Lautsprecher: perm.dyn. 18x13 cm, 2 el.stat., 7 cm Durchmesser, Anschluß für Außenlautsprecher (4 Ohm)
Besonderheiten: 3-Motoren-Antrieb; Eingänge getrennt regelbar (Mischpult)
Stromversorgung: 110, 1309, 150, 220, 240 V, etwa 75 Watt, 1 Sicherung 0,8 A für 220V und 1 Sicherung 0,1 A für Anode
Ausführung und Gewicht: Holzkoffer mit Kunstlederbezug, 42 x 20,5 x 38,5 cm; Gewicht 15 kg
Tonband-Koffergerät Titan
Richtpreis 848 DM,
EF86, ECC81, ECC81, ECL82, EM840, 3 Tgl

Chassis (http://www.radiomuseum.org/r/nordmende_titan.html)
Abmessungen: 420 x 205 x 385 mm / 16.5 x 8.1 x 15.2 inch
Gewicht: 15 kg / 33 lb 0.6 oz (33.04 lb)
Bestückung: EF86, ECC81, ECC81, ECL82, EM840
Richtpreis: 610 DM

Bestückung (Gerät): drei Papst-Elektromotoren (KM 20.80–6/12–435D und zwei ROT 32.65-6-220D), drei Elektromagnete, ein Trafo zur Stromversorgung und ein Ausgangstransformator, sowie ein Lorenz Oval-Lautsprecher und zwei „Stat. Hochton-Lautsprecher“ LSH75


VDRG-Handbuch 59/60, Abweichungen
Verstärker: … 3 Eingänge (Mischpult) Rundfunk (12 mV an 50 kOhm), Mikrofon (3 mV an 1 MOhm), TA (200 mV an 1 MOhm)
3 Lautsprecher: … Anschluß für Außenlautsprecher (4,5 Ohm)
Tonband-Koffergerät Titan: 739,--
Titan Chassis 610,--

Anhand der Bilder in den Handbüchern ist kein Unterschied zwischen den Jahrgängen ersichtlich.

   

HiFi Yearbook 1959, S.131
U.K. Distributor: TAK Continental Importers
G.P. portable recorder
7,5 and 3,75 i/s
3 motors
7-in. Spools
F.R. 50-18.000 c/s / 50-13.000 c/s
bar Type M.E. level ind.
Size 16,5 x 8 x 15 ins.
Weight 33 lbs.
Price, with tape and mic. 91 GBP 9S

HiFi Yearbook 1960, S.130
Inhalts-gleich, zudem mit Bild

Mein Gerät:
Nordmende Typ 859.900.00, Fabr. Nr. 10487 (oben) bzw. Fabr. Nr. 10447 (hinten)


   

(Fortsetzung folgt ...)
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
Zitieren
#4
Zerlegefix komplettibus

An das Innere eines Titan kommt man nur von oben.

Die Abdeckung der Tonköpfe ist auf zwei Metallstifte gesteckt und lässt sich nach oben abziehen. Die Abdeckung der Bandführung ist mit Hilfe von zwei Kunststoff-Klammern in die Kunststoff-Unterlegung des Bedienfeldes geklemmt. Man drückt sie also von links und rechts leicht zusammen und kann auch diese Verschalung dann nach oben abnehmen.

Um an die Oberseite des Chassis zu gelangen, muss die Frontplatte abgenommen werden. Dabei wird die Metall-Platte samt dem Kunststoff-Bedienfeld entnommen. Sämtliche Knöpfe und Regler verbleiben am Gerät!

Zwei große, goldfarbene Schraubenköpfe oberhalb der Spulenteller halten die Frontplatte des Titan. Sie lassen sich mit einem großen Schraubendreher, besser mit einem Geldstück lösen.
Das allein reicht nicht. Die Metallplatte wird zusätzlich im Bereich der Kopfträger gehalten. Es sind die beiden Stehbolzen, auf die die Abdeckung des Kopfträgers gesteckt wird, die durch die Frontplatte in das Chassis geschraubt sind. Ein kleiner 6mm Maulschlüssel hilft die freigelegten Bolzen zu lösen.

   

Das Typenschild mit der Seriennummer der Bandmaschine verbirgt sich unter der Frontplatte, ein anderes oberhalb des Spannungswählers. Bei meinem Gerät sind die Nummern unterschiedlich.
Außerdem gelangt man bei abgenommener Front an die Sicherung, das Kontroll-Lämpchen, den Zählwerksriemen und an die Bremse.
Bedienelemente, Anzeige-Röhre, Köpfe, Lüftmagnete, Bandführung, all das ist im ersten Schritt der Zerlegung bereits zugänglich.

Um das Chassis später vom Koffer trennen zu können ist es notwendig, die Kabelzuleitung zu den Lautsprechern abzulöten. Diese endet auf einem Terminal, das unterhalb des Aufbewahrungsfaches an das Holz geklammert ist. Auf seiner anderen Seite ist das schwarze Kabel oben auf einem Trafo, das rote und das gelbe Kabel am Fuße des Ausgangstrafos 522.009 (V19) [2] verlötet.

Um an die Lötseite des Terminals zu kommen, muss die Verkleidung des Aufbewahrungsfaches abgenommen werden. Unterhalb des Filzes, der den Boden des kleinen Fach abdeckt, sind auf beiden Seiten zwei Schrauben eingedreht, neben dem tiefen Fach sollte eine weitere Schraube sitzen. Sind alle fünf Schrauben lose, lässt sich der Kunststoffrahmen entnehmen und wird das Terminal zugänglich. Auf den drei Löt-Lippen sind jeweils gleichfarbige Kabel miteinander verbunden.
Will man später den Lautsprecher ausbauen, muss der ebenfalls nach oben, durch die durch das Abnehmen der Verkleidung des Aufbewahrungsfaches entstehenden Öffnung, herausgenommen werden.

   

Sieben Stehbolzen sind in das Holz des Koffers eingesetzt, auf die die Platine des Chassis gesteckt ist. Über die Stehbolzen sind dann jeweils ein Gummiring und eine Unterlegscheibe gelegt und diese Packung mit einer Mutter verschraubt.

Um das Chassis zu entnehmen, müssen also die sieben Muttern gelöst, die Ringe und Scheiben entnommen werden. Dabei wird man feststellen, dass die Ringe, die zur Dämpfung dienen sollen, inzwischen verhärtet und spröde geworden sind und ersetzt werden sollten.
Sie zersplittern spätestens dann, wenn man sie anzuheben versucht, und hinterlassen kleine Bruchstücke. Damit die nicht herumfliegen, möglicherweise irgendwo hinein fallen, wohin sie nicht gehören, kann man Klebestreifen verwenden: einen Streifen stellt man senkrecht zur Platine innen, neben der zu bearbeitenden Mutter auf, so dass in diese Richtung fliegenden Stücke festgehalten werden, einen zweiten Streifen verwendet man zum „Auftupfen“ von losen Bruchstücken.

   

Nicht nur im Kontext der möglichen Existenz solcher Bruchstücke sei hier ein „Achtung!“ eingefügt. Auch Schrauben, Muttern, Unterlegscheiben oder Bits schlechter Bithalter fliegen gern mal herum. Das Risiko besteht weniger darin, dass Sie auf dem Fußboden, vielleicht in hochflorigem Teppich landen, sondern, dass sie durch eine der Aussparungen der Platine flutschen. An dieser Stelle bitte weniger darüber nachdenken, ob es das Wort „flutschen“ tatsächlich gibt und ob seine Verwendung hier passend ist, sondern lieber einmal in Kopfträger-Nähe durch einen der Durchbrüche der Platine schauen und zu Kenntnis nehmen, dass darunter ein Zwischenraum zwischen Wicklung und Läufer des Tonwellenmotors sichtbar wird, in den vielerlei Kleinkram, so eben Schrauben, Muttern, Unterlegscheiben, aber auch Schmutz und kleine Bits hinein passen. All das gehört da aber nicht rein und könnte sogar Schaden anrichten. Abdecken des Loches während aller Montage-Arbeiten hilft!

Sind die sieben Schrauben gelöst, liegt das Chassis damit lose auf seinen Dämmstreifen, die von unten gegen die Platine geklebt sind, zumindest geklebt sein sollten. Auch dieser Filz zerfällt irgendwann.

   

Nordmende hatte für den Service Bügel angeboten, die sich an der Oberseite der Platine anschrauben lassen. Man könnte die Platine damit anheben und mit ihrer Hilfe auch sicher in verschiedenen Positionen abstellen. Wenn man die Bügel denn heute hätte.
Auf der rechten Seite der Platine gibt es zwei runde Löcher. In dem unteren steckt eine Röhre während das obere unbenutzt scheint. Hier kann man einen oder zwei Finger hindurch stecken und das Chassis an dieser Stelle anheben. Auf der anderen Seite gibt es kaum eine Möglichkeit das Chassis sicher zu fassen.
Um das Chassis zu entnehmen hebe ich die Platine auf der rechten Seite leicht an und lege in den entstehenden Spalt, zwischen Platine und Koffer, ein Stück Holz oder Kunststoff. Nun lässt sich entweder an dem linken Stehbolzen, auf den die Frontplatte aufliegt und an dem sie befestigt wird, die Platine leicht anheben, oder man versucht in den durch das rechtsseitige Lüften entstehenden Spalt zu greifen und sich dabei Stück für Stück nach links zu tasten. Helfen könnte hierbei ein Holzspatel, zum Beispiel ein Brieföffner. Einen Hebel auf den Kofferrand auflegen, um die Platine hoch zu hebeln, würde ich nicht versuchen, weil das Druckstellen am Holz und am Bezug verursachen würde.
Wenn es gelungen ist, die Platine auch linksseitig leicht anzuheben wird auch hier ein Stück Holz in den entstandenen Spalt geschoben. Nun kann man unter die Platine greifen und sie nach oben abheben.
Warum das Holz? Damit man die Platine zur Not wieder ablegen kann, ohne sich die Finger zu klemmen und ohne wieder von vorn anfangen zu müssen. Warum überhaupt erst nur ein Stück anheben? Um die Stehbolzen, mit denen die Platine mit dem Koffer verbunden ist, nicht in eine Richtung zu belasten und damit ihren Sitz zu beschädigen.

   

Das Stromkabel behindert das Herausnehmen des Chassis aus dem Koffer nicht, zumindest dann nicht, wenn es in seinem Fach liegt. Das ist nach innen offen. Die Papp-Rückwand ist nicht am Gehäuse befestigt.
Angebunden ist das Chassis an den schon genannten Lautsprecherkabeln, die recht kurz gehalten und beidseitig verlötet sind.

Hat man die drei Kabel nicht bereits abgelötet, ist tatsächlich nur wenig Origami nötig, um Koffer und Chassis nebeneinander auf den Arbeitstisch aufzustellen. Aufgrund der Gewichte und der mangelnden Handlichkeit des Titan macht es aber Sinn, einen Helfer zu bitten, den Koffer zu halten und passend zu drehen, während man sich selber um das Chassis kümmert. Es geht auch allein (habe ich mir bewiesen!), das dann aber mit der erhöhten Gefahr, unnötig Beschädigungen anzurichten.

Wer die schon erwähnten Griffbügel nicht besitzt, der stellt das Chassis zunächst auf seine Unterseite ab. Hier hat der Titan vier Füße. Zwei davon sind an der Unterseite des Trafos, zwei hinter dem Tastenblock angebracht.
Will oder muss man das Chassis mit der Oberseite nach unten ablegen, sollte man vier gleich hohe Holzquader zur Verfügung haben: An der Oberseite der Platine sind, an den Ecken des Titan, je ein Stehbolzen angeschraubt, auf denen sich das Chassis dann auf solche Blöcke abstellen lässt, wenn Sie quasi als Verlängerung dafür sorgen, dass die übrigen Elemente der Frontseite nicht belastet werden.

   



Probleme in Serie.

Der eine oder andere behauptet, ich würde mich meinen Themen etwas weitschweifig nähern: Was haben beispielsweise Saba-Cassettendecks mit Nordmende-Tonbandgeräten zu tun?
Tatsächlich ist schon die Verwendung einer Vielzahl von Zitaten allein und selbst weitgehend unabhängig von einem inhaltlichen Zusammenhang geeignet, der eigenen Person Aufmerksamkeit zu verschaffen und Belesenheit vorzuspiegeln. Ein rhetorischer Trick, der nicht selten auf der Existenz von Lexika der Art: „die hundert wichtigsten Sprüche anerkannter Geistesgrößen“ beruht.
Um nicht in den Verdacht zu geraten, mich nur profilieren zu wollen, sollte ich jetzt bei der Sache und ausschließlich bei dem Titan bleiben.

Im Jahre 1958 stellte Telefunken das Magnetofon 85 vor. Manche werfen der AEG heute vor, die Maschine sei schon bei ihrem Erscheinen veraltet gewesen. Trotzdem sollte es das Telefunken Spitzenmodell über eine vergleichsweise lange Zeit geben, was sich nicht aus einer konsequenten technischen Weiterentwicklung zu einer Mk.II-, Mk.III-, oder Mk.IV-Version erklärt. Selbst die in der FONO FORUM angekündigte Stereo-Variante hatte es wohl nie gegeben.
Vielmehr hatten die Berliner einen Marketing-Trick gefunden: Neben der privaten Käuferschicht setzte man auf „professionelle“ Anwender und ließ das Gerät zu diesem Zwecke vom Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht „für Schulzwecke“ zertifizieren. Noch 1963 war die monofone M85 zu einem Preis von 749 DM im Prospekt abgebildet. Dementsprechend viele 85 sind verkauft worden und haben bis heute überlebt.

   
(Kopfträger einer AEG M85)

Thomas (grundig tk 240) hat bezogen auf den Nordmende Titan in einem hier ungenannt bleibenden Forum bemerkt, die „... Bandführung und Köpfe erinnern stark an die Telefunken M85, die im gleichen Jahr - nämlich 1958 – debütierte. ...“ Und tatsächlich zeigt ein Blick auf die Berlinerin, dass es große Ähnlichkeiten zwischen den beiden Modellen gibt. Die Konzeption ist nahezu identisch, die Ausführung aber eben nur ähnlich. Das führt dazu, dass es eben nicht möglich ist, eine Telefunken als Teile-Lager für der Erhalt einer Nordmende zu verwenden. In Anbetracht der einen oder anderen Serien-Schwäche der Bremerin fast schade … eine Einschätzung, die mir die Telefunken-Freunde verzeihen mögen.

   

Ein Problem des Titan erfreut sonst vor allem Uher Freunde. Wer eine Royal de Luxe stromlos stellt, ohne den Geschwindigkeits-Wählschalter auf eine von vielen „0“-Positionen zu drehen, wird früher oder später mit einer verformten Andruckrolle konfrontiert. Der Titan-Besitzer nicht.
Während man bei ordnungsgemäßem Abschalten einer RdL die Andruckrolle automatisch von der Capstan-Achse lüftet, bleiben die Bremskörper des Titan beim Abschalten immer angefahren. Innerhalb der erwarteten Lebenszeit wohl kein Problem, nach bald sechzig Jahren jedoch …
Bei meinem Titan sind beide Bremskörper erkennbar verformt. Ein Abdrehen wird früher oder später Einfluss auf die Bremskraft und auf die Abstimmung der Bremskraft auf die beiden Wickel-Seiten haben. Eine Lösung kann auf Dauer nur darin bestehen, die Rollen auszuwechseln; im Open Reel-Forum wird eine Lösung für den Ersatz auch ungewöhnlicher Andruckrollen angeboten. Vielleicht ein Weg auch für die Bremsrollen der Nordmende.

   

Serienschwäche? Nahezu alle Bauelemente meiner Maschine sind direkt oder indirekt mit der Platine verschraubt. Zumindest bei meinem Titan ist an nahezu allen Schrauben und Muttern weißes Oxid sichtbar. Kontaktkorrosion.
Beispielsweise auf der Chassis-Oberseite sind gleich drei große Muttern zu sehen, die Schrauben halten, hinter denen sich Elkos verbergen, die an der Unterseite der Platine hängen, Schrauben die das Masse-Zeichen deutlich sichtbar tragen. Die Frage lautet also, kann die weiße Schicht, die letztlich eine Konversionsschicht bildet, elektrisch genau so gut leiten wie das blanke Metall?
Erkennbare mechanische Schäden hat diese Form von Oxidation bei meiner Maschine nicht verursacht. Trotzdem kann sie stören, könnte die Beweglichkeit von Verbindungen beeinträchtigen. Damit sind Lager-Bewegungen aber ebenso die Beweglichkeit von Justage-Schrauben gemeint. Selbst wenn das heute noch geht, wird das denn übermorgen auch noch funktionieren?

   

Das Thema „Korrosion“ betrifft übrigens auch den Sicherungshalter.

   

Weiter oben habe ich schon darauf hingewiesen: Auch die Unterlegscheiben der Chassis-Verschraubung zerbröseln. Ob es Stil-echt ist, hier neue Plastik-Unterlegscheiben zu verwenden, wird jeder für sich selbst entscheiden müssen. Die alten würde ich schon deswegen nicht mehr wieder verwenden, weil die Gefahr besteht, dass sie beim Zusammenbau zerbröseln und die Teile dann irgendwo hin fallen, wo sie keinesfalls hin gehören. Das sofort oder das im Laufe der Zeit.


Zinkpest, Gusspest, Zinkfraß, Zinkblüte, Zinkalverwerfung. Wie auch immer man es nennt, es ist ärgerlich. Da hilft es auch nicht, dass das Problem nicht nur an dem Titan auftritt. Auch Grundig hatte das Problem, ebenso Märklin, Trix, Pico, Roco … Foto-Fans kennen es ebenso, wie Oldtimer-Restaurierer.

Das Analytisch Chemische Labor ACL GmbH beschreibt die Vorteile des sogenannten Zink-Druckguß wie folgt: „Im Druckgussverfahren kann die ausgezeichnete Giessbarkeit und das sehr gute Formfüllungsvermögen der Zinkdruckgusslegierungen zur Herstellung kompliziert geformter Werkstücke, besonders wenn sehr enge Toleranzen (ca. ± 0,02mm) gefordert sind, ausgenutzt werden. Auch Kleinteile mit Kleinstbohrungen und Gewinden lassen sich daraus herstellen. ..."

Der Zink-Druckguß ist ein Verfahren, das nach seiner Einführung in den frühen dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts relativ schnell beherrscht werden konnte und das daher vor allem für die Herstellung feiner Formelemente in der Serienfertigung weite Verbreitung gefunden hat.
Vor allem in Krisen- und in Kriegszeiten entstanden dann Probleme, wenn die Rohstoff-Knappheit es nicht mehr erlaubt hatte, die optimale Legierung anzusetzen; zwischenzeitlich war die Verwendung von Magnesium hierzulande sogar verboten gewesen. Die Änderung der Legierung, aus der Not heraus, wurde später zur Lösung für die Kostenersparnis bei den Zuschlagstoffen oder Patent-Gebühren. Dazu kam mangelnde Kenntnis und mangelnde Erfahrung mit den neuen Legierungen, aber eben auch der reine Sparwille der Industrie; nicht immer nur der Firmen, die die Teile letztlich an den Endverbraucher ausgeliefert hatten. Denn oftmals wurde ein Druckguß-Teil fremd gefertigt und wurden solche als fertiges Vorprodukt an die Hersteller von zum Beispiel Tonbandgeräten ausgeliefert. Und wer fragte schon anno 1958 den Lieferanten, wie viele Jahrzehnte so ein Druckguß-Teil halten würde?

Beispielsweise in dem Buch „The history of Trix H0/00 model railways in Britain" von „Tony Matthewman finden sich die früheren Soll-Werte für eine Legierung „Mazak 3" veröffentlicht. Erlaubt wären als Zuschlagstoffe 3,8 - 4,3% Aluminium, bis zu 0,03% Kupfer und 0,03 - 0,06% Magnesium gewesen. Als erlaubte Verunreinigungen benannte der Patentinhaber früher bis zu 0,1% Eisen, 0,02% Nickel, 0,01% Mangan, 0,005% Cadmium und 0,003% Zinn.
In einer Material-Analyse einer englischen Universität an einer Trix TTR-Lok wurden hingegen nur 3,7% Aluminium, dafür 0,71% Kupfer (das 23,6-fache), 0,03% Magnesium und sogar 0,084% Blei gefunden. Beispielsweise Blei ist heute nur mit einem Anteil bis 0,003% (ein 28stel) erlaubt!

Die Initiative Zink erklärt das Problem wie folgt: „... Interkristalline Korrosion: Bei nicht zulässigen Beimengungen zur Zinklegierung – zum Beispiel Cd, Pb, Sn – entstehen besonders bei Erwärmung des Druckgussteils an den Korngrenzen Ausscheidungen. Diese führen zu Korngrenzschädigungen und schwächen das Gussteil in erheblichem Maße. ... Bei alten Zinkdruckgussteilen, besonders solchen, die vor dem Zweiten Weltkrieg und kurz danach hergestellt wurden (Oldtimer), kommt es immer wieder zu pockenartigen Ausblühungen, auch wenn diese Teile verchromt wurden. Außerdem treten derartige Fehler immer wieder bei Teilen auf, die im nichteuropäischen Raum gegossen wurden. Eine Reparatur dieser Zinkdruckgussteile ist nicht möglich, die Korrosion kommt immer wieder zum Vorschein. ...

Auch Peter Berg schreibt auf seiner Seite, „... Grund allen Übels war die Verarbeitung von unreinen Zink / Blei - Legierungen in dieser Zeit. Durch elektrische Potentiale im Materialgefüge und damit verbundene lokale Spannungsunterschiede in der Legierung kommt es zu Oxidation und Rekristallisation im Material. Der Guss „wächst" und dehnt sich aus. Dies führt zu Rissbildung und Wellen im Guss. Der Zerfall ist vorprogrammiert und nur noch eine Frage der Zeit. Schnelle Temperaturwechsel sorgen für zusätzliche Spannung im Material. …

   

Was kann man dagegen machen? Nicht nur die Initiative Zink meint: Nichts!
Thomas (grundig tk 240) schrieb im Forum dazu im September 2008 zum Titan, „… Der Bandandruckschlitten ist an allen mir bekannten Geräten vom Zinkfraß befallen. ... Dadurch ist keine Wiedergabe möglich, weil das Band nicht transportiert werden kann und auch kein Andruck an die Köpfe erfolgt. Wer da nicht ein entsprechendes Teil selbst herstellen kann, hat verloren. Denn ein Tonbandgerät mit einem solchen Defekt kann nur als Totalschaden bezeichnet werden. ...“.

   

   

   

Am Ende bleibt nur „zerfallen lassen“ und an dem Rest erfreuen, oder das fehlerhafte Bauteil ausbauen und ersetzen.
Eine gute Nachricht für die, die über das „Zerfallen lassen“ nachdenken: Zinkpest ist für Menschen und Papageien nicht ansteckend. Die schlechte Nachricht: Das Material kann sich um einige Prozent seines Volumens ausdehnen oder verformen und dabei vor allem solche Bauteile, die fest mit ihm verbunden wurden oder die einfach im Weg sind, schädigen. Im Falle Titan sind weniger die anderen Teile gefährdet, vielmehr die Druckguß-Elemente selber. Denn das wachsende Modul hält darin eingesetzte Verbindungen, so die Bolzen der Bandführung, um so fester. Will man sie doch abnehmen, bricht der Druckguss.

Eine schlechte Nachricht für jene, die über den Ersatz nachdenken: Originale Ersatzteile für den Titan gibt es nicht mehr. Auch nicht aus der genannten M85.
Die gute Nachricht: Vor allem für den Oldtimer- und Modelleisenbahn-Bereich haben sich Spezialbetriebe auf die Nachfertigung von Zink-Druckgussteilen spezialisiert. Es braucht nur noch eine Form und „etwas“ Geld.

Manche Forenmitglieder haben sich einen Ersatz selbst gedengelt.
Ich hatte schon angefangen zu vermessen, um mich dann dankbar an der Vorarbeit von Stefan (Vollspurlöschkopf) zu vergreifen: vielleicht mache ich mit Hilfe von „FreeCAD“ ein digitales Modell, das als Vorlage für einen 3D-Druck dienen könnte. Vielleicht wäre der dann als Rohling für den Guss-Formenbau geeignet. Man wird sehen.



   
(Titelbild: Am Mikrofon 28.12.1958 [8])

Ein Titan im Alltag.

Ein Arzt steht morgens auf; die Morgen-Toilette verläuft fast so, wie bei den meisten anderen Menschen auch. Das Frühstück ist natürlich gesund: schließlich ist man Arzt! Dann klemmt er sich die Arabella-Musiktruhe mit Titan-Chassis unter den Arm und schlendert zum Kombi … Stop. Nein, die Truhe ist einfach zu empfindlich und der Kombi hieß noch gar nicht „Kombi“ und hatte außerdem bereits einem Neuwagen mit Standard-Kofferraum weichen müssen. Also zurück: … Dann klemmt er sich den Titan-Koffer unter den Arm und schlendert zum Auto … Stop.
Ein Arzt ist nicht blöd und weiß, spätestens wenn er irgendeine Diagnose auf‘s Band gesprochen hat, muss die Schwester ran, den Titan unter den Arm nehmen und ins Vorzimmer schlendern: zum Abtippen. Mal ehrlich: Welcher Mann glaubte im Jahre 1958, eine Krankenschwester könne mit einem Titan umgehen?! Also doch die Stenorette nehmen und den Titan zuhause lassen.

Der Arzt kommt nach der Doppelschicht nach Hause, hüpft beschwingt unter die Dusche, beglückt im Vorbeigehen seine Frau (heute natürlich nur verbal; alles andere wäre hier nicht jugendfrei) und wirft sich in Schale. Dann nimmt er die Arabella-Musiktruhe … Stop, der nicht-Kombi! … den Titan unter den Arm, die Frau an die Hand und geht zum Auto: Am Abend gibt es live-Musik im Club. Stop.
Auch 1958 waren Männer nicht blöd und wussten, ein Mischpult, in das man den Diodenstecker hätte stecken können, war in den Clubs jener Zeit noch nicht in Betrieb. Und woher die Stromversorgung nehmen, den Titan zu betreiben? Natürlich waren 1958 die Musik-Clubs schon elektrifiziert gewesen, doch hätte kein zeitgenössischer Titan-Besitzer seine teure Neuerwerbung zum Zentrum von gleich zwei Stolperfallen für die anderen Tänzer gemacht: Einmal mit dem Netzkabel und einmal mit der Leitung zum Mikrofon. Nichts gegen fallende Tänzer, aber wenn jemand am Mikrofon-Kabel hängen bleibt, dann verrutscht das Mikro. Und wenn gar jemand am Stromkabel hängen bleibt, dann fällt vielleicht nicht nur der Tänzer. Der Aufnahme kommt das nicht zugute! Einem Titan auch nicht.
Als Student hätte der Arzt das vielleicht noch so aufgebaut; dann aber bestenfalls mit der Grundig TK5. Und auch die hätte er sich als Student wohl nicht leisten können …

Hausmusik. Frau und Kinder sind Mitglieder im Spielmannszug. Zuhause wird nicht nur geübt, es reicht auch für ein komplettes Heim-Orchester! Neben dem pädagogischen Effekt beim Üben kann der Titan nicht nur eine tönende Erinnerung an den Spaß beim Spielen der Hausmusik bieten, er nimmt das Spiel der Familie auch in bestmöglicher Qualität auf, so dass sich Spule um Spule füllt, bereit immer und immer wieder abgehört zu werden.
Naja, muss ja nicht immer und immer wieder sein. Und das dynamische Richtmikrofon Nordmende NM-19 vermag die Darbietungen der Familie allein auch nicht so richtig aufzulösen. Irgendwie sind die Trompeten immer zu laut. Und zu viel bewegen tut der Junge die Trompete auch: Fading im Ton. Vielleicht doch das dynamische Breitbandmikrofon NM-21? Wenn das Anschlusskabel zur Arabella nur nicht so kurz wäre. So muss die Familie um die Musiktruhe herum sitzen. Oder um den Koffer …

Schallplatte. Das ist es. Der Titan kopiert selbst die teuren britischen ffrr-Aufnahmen ohne Qualitätsverlust. Auf einem einzigen Tonband lassen sich alle Platten eines ganzes Albums aufzeichnen, das man so am Stück hören kann. Das lästige Umdrehen und Wechseln der Schellacks und auch der neuen „4-Mark-Platten“ entfällt. Und auch, wenn man die Arie ein zweites, ein drittes, ein viertes mal hört, wird die Qualität nicht schlechter. Auch spart das Bandgerät Abtast-Nadeln für den Plattenspieler und könnte man Gäste einladen, die nur hier eine ganze Oper am Stück hören können.
Und die Gäste kommen und sind begeistert. Und beim zweiten mal sind sie begeistert und beim dritten mal sagt plötzlich die Frau vom Kollegen, „mach doch mal einer die Musik leiser“ und meint der Professor, er habe sich eine Ihle Bayreuth gekauft und gehört, bald käme die Grundig TK60 in stereo in den Handel. Der Sohn rechnet vor, wie viele Schellacks man verschleißen müsste, bis sich der Titan samt Bandmaterial rentiert habe, weist außerdem darauf hin, im Ausland gäbe es schon lange Vinyl mit längerer Spielzeit. Und die Frau fragt, „warum müssen wir immer die ganze Oper hören, anstatt nur die guten Stellen?“ Und der andere Sohn hat irgendwo gelesen, selbst die besten Schellack-Platten können die Leistungsfähigkeit des Titan nicht ansatzweise fordern: warum kaufst Du keine Langspielplatten?! So hätte auch die alte Uher aus dem Sonderangebot von Radio RIM gereicht. Die 15 cm-Bänder wären billiger und mit ¼-Spur passe trotzdem mehr drauf.

UKW! Der moderne Rundfunk konnte die Bandmaschine richtig fordern. Ihr Übertragungsbereich bei 9,5 cm/s reichte nicht aufzuzeichnen, was die Live-Konzerte des Sinfonie-Orchesters ihm abverlangten: also 19 cm/s. Mit UKW-Aufzeichnungen durfte der Titan endlich zeigen, was er konnte.
Allerdings wollten die Kinder eher Bill Haley und Elvis Presley hören. Und die gab es nicht live und bei der Übertragungsgüte der amerikanischen Armee-Sender, die sie spielten, war die Aufnahme-Qualität sowieso egal. Und die Frau wollte immer öfter den Fernseher laufen lassen. Und überhaupt fiel jedes zweite Radio-Konzert auf einen Dienst.
Also doch den Uher-Koffer unter den Arm klemmen und ab ins Büro. Zumindest bei Bereitschaft war nun Zeit sich an dem schönen Gerät zu erfreuen Hier stört keiner. Naja, Patienten … die Schwester … die nicht wirklich ...

Zumindest solche Probleme hatte der Durchschnittsbürger nicht gehabt. Zwei Dienste hintereinander kannte zumindest der kaufmännische Angestellte oder der Beamte nicht. Dafür hatte er bei einem Durchschnittsentgelt (Durchschnittseinkommen der Versicherten) von 5.330 DM pro Jahr auch eher keinen Titan gekauft. Mit 5.602 D-Mark im Jahre 1959 auch nicht. Denn vom „Durchschnittsentgelt“ lebte in der Regel keine Einzelperson, sondern Ende der fünfziger Jahre eine ganze Familie. Und der Betrag schloss Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld bereits mit ein.
So ein Titan-Koffer kostete also in etwa soviel, wie ein vollwertiges Familienmitglied und hätte somit die Frage aufgeworfen: Bandgerät oder Kind? Er kostete soviel, wie ein Viertel Standard-Käfer 1200. Und so ein Käfer brauchte damals noch keinen Strom-Anschluss, war also richtig mobil.
Selbst die kleine Nordmende Musiktruhe mit Dual 1004-Wechsler sollte allein knapp tausend Mark kosten. Das Titan-Chassis kam dazu. Also fast zwei Kinder oder zwei Fünftel Käfer. Und in zwei Fünftel Käfer passen mehr Urlauber als in eine ganze Arabella.
Jetzt erinnere ich mich wieder an die Werbung aus den Sechzigern: „Für viele Wohnungen, in denen bereits der Kühlschrank und die Waschmaschine selbstverständlich sind, ist die Titanette eine nutzbringende Bereicherung. ...“ [33]

Alltag“? Die heutige Angebots-Situation um die Oberklasse-Recorder der späten Fünfziger deutet an, der Titan wird keine große Verbreitung gefunden haben. Vielleicht auch ein Grund, dass die Serie früh auslief und nicht wirklich einen Nachfolger hatte finden sollen.

Alltag“ heute? Titan kaputt. Zinkfraß und mehr. Außer, man hat die Druckguss-Teile ersetzt und den Titan überholt.

Der Nordmende ist in der Regel also ein Fall für „Hardcore“-Fans. Ein interessantes Bandgerät, aber eines das in der Regel nie spielen wird. Aber vielleicht kann man daran ja etwas ändern. Natürlich völlig unabhängig von der Frage, ob das „lohnt“.


   

Quellen:
[1] Nordmende Tonbandgerät Titan – Bedienungsanweisung samt Garantiekarte
[2] Nordmende Tonbandgerät 59/900 – Serviceblatt, Druckstück 184 012.11
[3] Nordmende Am Mikrofon Heft 6, Jahrgang 5 vom „27.04.1958, S.28 „Kleine Vorschau“ (wegavision)
[4] Nordmende Am Mikrofon, Heft 1, Jahrgang 6 vom 1.07.1958, S2f „Das Nordmende Tonbandgerät ‚Titan‘“ (wegavision)
[5] Nordmende Am Mikrofon, Heft 1, Jahrgang 6 vom1.07.1958, S.29 „Nordmende Exquisit“ (wegavision)
[6] Nordmende Am Mikrofon, Heft 3, Jahrgang 6, vom 25.10.1958, S.15 „Nordmende auf der Bremer Landesausstellung“ und „Lieferprogramm“ (wegavision)
[7] Nordmende Am Mikrofon Heft 4, Jahrgang 6 vom 18.12.1958, S.12 „Demnächst: Technische Tips zum Service an Tonbandgeräten“ (wegavision)
[8] Nordmende Am Mikrofon Heft 4, Jahrgang 6 vom 18.12.1958 Titelblatt (wegavision)
[9] Nordmende Am Mikrofon Heft 5, Jahrgang 6 vom 19.02.1959, S.4 „Preisbindung-Die Grundlage gerechter Marktverhältnisse“ (wegavision)
[10] Nordmende Am Mikrofon Heft 6, Jahrgang 6 vom 26.04.1959 (wegavision)
[11] Nordmende Am Mikrofon Heft 1, Jahrgang 7 vom 1.07.1959, S.9 „Sie an uns, wir an Sie“ (wegavision)
[12] Nordmende Am Mikrofon Heft 2, Jahrgang 7 vom 14.08.1959 (wegavision)
[13] Nordmende Am Mikrofon Heft 3, Jahrgang 7 vom 31.10.1959, „„Frankfurter Funkausstellung war werblich und geschäftlich ein voller Erfolg“ (wegavision)
[14] Werbung für den Nordmende Titan in der Funkschau, Ausgabe 24 von 1958
[15] Patentschrift 1121827, angemeldet am 2.10.1958, ausgegeben 6.09.1962 für die Norddeutsche Mende Rundfunk KG für den Dipl.Ing. Gottfried Hentschel über eine „Einrichtung zur Vermeidung von Verschlingungen langgestreckter, umspulbarer Tonträger von Magnettongeräten“ (DE000001121827B) (depatisnet.de)
[16] Antrag auf Erteilung eines Patentes samt Gebrauchsmuster-Hilfsanmeldung über eine „Vorrichtung zum Spannen eines Band- oder Drahtförmigen Tonträgers in Geräten zur Schallaufzeichnung und -wiedergabe, insbesondere eines Tonbandes in Magnettongeräten“ durch die Norddeutsche Mende Rundfunk GmbH vom 25.09.1958, eingetragen am 17.09.1959 unter der Nummer 1795949 für die Norddeutsche Mende Rundfunk KG (DE000001795949U) (depatisnet.de)
[17] Patentschrift 1028798, angemeldet am 30.04.1956, ausgegeben am 9.10.1958 für die Norddeutsche Mende Rundfunk GmbH für den Dipl.Ing. Gottfried Hentschel über eine „Antriebsanordnung für Geräte zur Schallaufzeichnung und -wiedergabe, insbesondere Magnettongeräte“ (DE000001028798B) (depatisnet.de)
[18] Gebrauchsmuster-Anmeldungen der Nordmende für eine „Vorrichtung zum Abbremsen von Bandwickeleinrichtungen, insbesondere von Bandspulen in Tonbandgeräten“ vom 11.04.1957 durch die Norddeutsche Mende Rundfunk GmbH, umgeschrieben auf die Norddeutsche Mende Rundfunk KG, eingetragen am 19.06.1957 unter der Nummer 1747224 (DE000001747224U) (depatisnet.de)
[19] Gebrauchsmuster-Hilfsanmeldung der Norddeutschen Mende Rundfunk KG über eine „Hydraulische Antriebseinrichtung für Tonbandgeräte“ vom 7.01.1959, erstmals im Rahmen eines Paten-Antrages vom 11.02.1958, eingetragen am 26.02.1959 unter der Nummer 1783957 (DE000001783957U) (depatisnet.de)
[20] Antrag auf Erteilung eines Patentes samt Gebrauchsmuster-Hilfsanmeldung über eine „Einrichtung zum Löschen magnetischer Spuren auf Tonbändern für Magnettongeräte“ durch die Norddeutsche Mende Rundfunk KG vom 23.02.1959, eingetragen am 5.05.1960 unter der Nummer 1810856 (DE000001810856U) (depatisnet.de)

Sekundär-Quellen
[21] „Elektroakustik in Hannover“, Kurzvorstellung u.a. des Nordmende Titan in der Funkschau, Ausgabe 11 von 1958, S.523/289
[22] „Gute Tonbandgeräte für den Heimgebrauch" „von Karl Tetzner, Fono Forum (4/59) Technik, S. 32f
[23] VDRG-Handbuch 1958/59, Blatt B73 (magnetofon.de)
[24] VDRG-Handbuch 1959/60, Blatt B81 (magnetofon.de)
[25] HiFi Yearbook 1959, S.131
[26] HiFi Yearbook 1960, S.130

Hintergrund
[27] „Nur die Armen zahlten voll“, Der Spiegel 5/1959 (spiegel.de)
[28] „Preisbindung – Lieber verschenken“, Der Spiegel 6.08.1958 (spiegel.de)
[29] „Preise bleiben konstant – Leistung ist verbessert" - Karl Tetzner, Die Zeit vom 1.08.1957 (zeit.de)
[30] Saba-Programm 1959/60 und Saba-Jubiläumssprogramm 1960/61 (wegavision)
[31] „Sie an uns“, Nordmende Am Mikrofon „Heft 3, Jahrgang 6 vom 25.10.1958 (wegavision)
[32] Nordmende Am Mikrofon August 1961 und Prospekt 1962 (Exklusiv)
[33] Nordmende Am Mikrofon „April 1964 und Prospekt 1964 (Titanette)
[34] Hans Knobloch: Der Tonband-Amateur, 7. Auflage 1963, Franzis Verlag
[35] „Musik steht im Raum“, Der Spiegel Heft 33/1954 vom 11.8.54 (spiegel.de)
[36] „Rundfunkindustrie zeigt Neuheiten“, Die Zeit vom 7.07.1955 (zeit.de)
[37] Patentanmeldung für eine „Anordnung zur Aufnahme und Wiedergabe von Raumtonaufzeichnungen“ der Klangfilm GmbH, DE 865666B von 12.11.1938 (depatisnet.de)
[38] Gebrauchsmusteranmeldung der Blaupunkt-Werke für eine „Lautsprecheranordnung ...“ vom 7.09.1955, DE 1721282U (depatisnet.de)
[39] Nordmende-Prospekt „Sie hören, sie sehen ... gut mit Nordmende“ (wegavision)
[40] „Erste Bilanz der Stereofonie“ - Hans Werner Steinhausen, FonoForum 3/59, S. 27
[41] Dr. F. Krones: Die magnetische Schallaufzeichnung in Theorie und Praxis, S. 155f, c1952
[42] „A push-pull High-Fidelity Amplifier" - Hubert L. Shortt, Radio-News 12/1934
[43] Telefunken-Nachrichten Nr. 5 von 1935
[44] Grundig-Prospekt „Tonbandgeräte – Klangtreu dem Original“, Sommer 1958 (wegavision)
[45] Patentanmeldung für eine „Anordnung zur Überwachung der Bewegung eines band- oder drahtförmigen Tonträgers bei Schallaufzeichnungsgeräten“ des VEB Funkwerk Köpenick für Heinrich Fanselow und Heinz Lehmann, DD 11330A1 (depatisnet.de)
[46] „Martin Mende 60 Jahre“, Nordmende Am Mikrofon Heft 4, Jahrgang 6 vom 18.12.1958, S. 3
[47] „Das gegenwärtige Lieferprogramm“, Nordmende Am Mikrofon „Ausgabe 5, Jahrgang 7 vom 25.02.1960 (wegavision)
[48] „Das gegenwärtige Lieferprogramm“, Nordmende Am Mikrofon, Ausgabe 6, Jahrgang 7 vom 24.04.1960 (wegavision)
[49] „Wird die Rundfunk-Wirtschaft durch die Stereophonie beunruhigt?“ Nordmende Am Mikrofon, Ausgabe 5, Jahrgang 6, S.12 (wegavision)
[50] Nordmende Prospekt „Auf dem Gipfel technischer Vollkommenheit“ 1958/59 S. 3 (wegavision)
[51] Alexander Meyer – Grundig und das Wirtschaftswunder aus „Die Reihe Arbeitswelten“, Sutton Verlag, ISBN 978-3-86680-305-3
[52] W. Dziekan (Telefunken GmbH) - Magnettonköpfe für Heimgeräte, Funk-Technik Heft 9 1958, S. 296Ff
[53] "Die Rundfunk- und Fernsehwirtschaft des Monats: Die Schallplatten- und Phonogeräteindustrie legte ihren Jahresabschluß für 1959 vor", Funkschau Heft 5, 1960 (1. März-Heft), S. 124
[54] "Stereotechnik im Mittelpunkt" Bericht von Joachim Conrad von der 40. Jahrestagung der Deutschen Kinotechnischen Gesellschaft, Funkschau Heft 7, 1960, S. 296F
[55] „Technik und Wirtschaft im Gleichklang - Messe Hannover 1960“, Funkschau Heft 11, 1960, S. 571
[56] „Bespielte Vierspur-Tonbänder“, Ankündigung der Süddeutschen Warenhandels GmbH, München, Funkschau Heft 6 1960, S. 126
[57] „Schallplatten und Tonbänder für den Techniker“ von Limann, Funkschau Heft 1 1961, S. 10
[58] „Stereo-Tagung in London“ von Karl Teztner, Funkschau Heft 2 von 1961, S. 59
[59] „Briefe an die Funkschau-Redaktion: Fortschritt bei Tonbandgeräten“ von Volker Weise, Stuttgart, Funkschau Heft 1 1961, S. 7
[60] „Stereo in den USA“ in Kurz und Ultrakurz, Funkschau Heft 6 1961, S. 255
[61] http://home.kpn.nl/thijs.b/Nordmenderadioserie1959.html
[62] „Martin Mende 60 Jahre“, Am Mikrofon Heft 4, Jahrgang 6 vom 18.12.1958, S. 3 (wegavision)
[63] „Othello und Tannhäuser", Am Mikrofon Heft 1, Jahrgang 3 vom 1.07.55, S.5 (wegavision)
[64] „Klangregister mit sechster Taste und HiFi-Technik“, Am Mikrofon, Jahrgang 4, Heft 1, S. 2, vom 1.7.56 (wegavision)
[65] „Welche Verbesserungen kennzeichnen die neuen Nordmende-Rundfunkgeräte?", Am Mikrofon, Jahrgang 5, Heft 1 vom 28.6.57, S. 4 (wegavision)
[66] „Nordmende HiFi-Expander bietet stereofonischen Effekt“, Am Mikrofon Jahrgang 6, Heft 1, S. 20, vom 1.07.58 (wegavision)
[67] „Die Nordmende 3DR-Technik“, Am Mikrofon Jahrgang 2, Heft 3, vom 15.09.1954, S.6 (wegavision)
[68] „Zehnkampf“ Audio 4/81


Links (ohne Gewähr):
http://www.radiomuseum.org/r/nordmende_titan_1.html
http://www.radiomuseum.org/r/nordmende_titan.html
http://www.radiofundgrube.de/fabrikat_nordmende.php
http://www.hifi-forum.de/viewthread-84-2724.html#14
http://www.hifi-forum.de/viewthread-84-2724.html#17
http://www.hifimuseum.de/3-d-klang-1954.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Zinkdruckguss
http://www.acl-online.de/lexikon/38-acl/...kguss.html
http://www.brockmetals.sk/product_mazak3.html
http://www.initiative-zink.de/service/fa...verhalten/
http://www.tischeisenbahn.de/Restauri/page4.htm
NORDMENDE TITAN schwimmt in der Bucht
http://dampfradioforum.de/viewtopic.php?f=2&t=4158
https://de.wikipedia.org/wiki/Kontaktkorrosion

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Tschüß, Matthias
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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#5
Guten Morgen Matthias,

wie immer sehr schön zu lesen und sehr informativ deine Beiträge! Respekt, an so einem Beitrag schreibt man schon einige Zeit.

Spüre ich da unterschwellig einen Hauch von Kritik an den unserer Generation so als Erstrebenswert eingeimpften Dinge wie Stereo, 3-Kopf und Hinterbandkontrolle sowie hohe Bandgeschwindigkeit? Smile Oder nur weil es mir genauso geht?

Mein heutiges Saba CD 936 hätte ich in meiner Jugendzeit nicht geschenkt genommen. Ich habe alles geglaubt, einfach alles. Die diversen Testzeitschriften taten ein übriges. Deutsche Hersteller waren für mich Western von gestern. So lerne ich erst heute mit Mitte 50 dazu. Leider...

VG Martin
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#6
Hallo Matthias,

wie üblich: Vielen Dank für die tolle, ausführliche und trotzdem kurzweilige Vorstellung.

Was die Hinterbandkontrolle angeht, kann ich dem zustimmen, was in dem Leserbrief geschrieben wurde: Geräte mit drei Köpfen klingen sicher nicht per se besser als solche mit zweien, aber Hinterbandkontrolle halte ich für ungemein nützlich, um gute Aufnahmen zu machen (eigentlich besser: um schlechte zu vermeiden). Natürlich hilft's nicht, wenn dieses Feature mit Einsparungen bei der Audioelektronik erkauft wurde, die zu klanglichen Nachteilen führen (wie es offensichtlich bei einigen Geräten in dem erwähnten Vergleichstest der Fall war), oder wenn es nur eingeschränkt nutzbar ist (nur in mono bei Stereo-Geräten oder nicht in Verbindung mit integrierten Rauschunterdrückungssystemen).

Es gibt aber auch den umgekehrten Fall, Beispiel Telefunken RC-300: Tolles Laufwerk, toller Klang, (ansonsten) tolle Ausstattung, aber nur Zweikopf. Mir wäre es sicher nicht eingefallen, dafür viel Geld zu bezahlen.

Gruß,
Timo
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#7
leserpost,'index.php?page=Thread&postID=203572#post203572 schrieb:... Spüre ich da unterschwellig einen Hauch von Kritik ...


Hallo Martin, hallo Timo,

NEIN, keine Kritik. Und wenn, dann an dem oft unreflektierten Geschreibsel mancher Testbericht-Autoren. Wenn ich allerdings darüber nachdenke, wann ich in aktuellen Testberichten zuletzt etwas über "3-Kopf" in Zusammenhang mit "Hinterbandkontrolle" gelesen habe, hat sich das wohl auch erledigt.
Letztlich bin ich ja auch von denen konditioniert worden und habe erst irgendwann an der Realität lernen müssen, dass das Fehlen von Hinterbandkontrolle bei meinem ersten Cassettendeck eben nicht der Bösartigkeit des Herstellers mir gegenüber zuzuschreiben ist, sondern der Tatsache, dass die Hinterbandkontrolle bei der CC von Philips nicht vorgesehen gewesen war und mit den technischen Möglichkeiten ihrer Zeit einen erheblichen technischen Aufwand (Doppel-Capstan) erfordert hätte, den ich vielleicht gar nicht bereit gewesen wäre zu bezahlen. Das doppelte Kopfsystem im gemeinsamen Gehäuse musste halt erst erfunden und verbreitet werden.

Ich wollte schon versuchen deutlich zu machen, dass wir "Nachgeborenen" in unserer Betrachtung manch alten Stücks Technik hier und da dazu neigen (könnten) vorauszusetzen, dass damals unsere jüngeren Erwartungen gefälligst eingehalten zu werden hätten und dass der Eine oder Andere Geräte daran misst, ob sie seinen Ansprüchen genügen, ganz egal, ob es die technischen Grundlagen, zumindest die technischen Standards schon gegeben hat oder ob ihre Verwendung angebracht gewesen war.
Insbesondere diese Geräte-Generation steht ja nicht nur am Übergang von mono zu stereo. Immer mehr potenzielle Kunden hatten begonnen sich für die Technologie zu interessieren, damit mussten immer mehr Preisklassen an Geräten aber auch hinsichtlich des Verbrauchs bedient werden. Und das oft ohne gültige Standards. Als wir erstmals über Bandgeräte nachgedacht hatten, da war die Frage, ob es eines in der Höhe verstellbaren Löschkopfes bedarf und ob die beiden Stereo-Spuren mit über- oder hintereinander liegenden Köpfen bespielt und abgetastet werden sollten, wahrscheinlich schon geklärt. Man stelle sich aber mal vor, es wäre anders gekommen: wie viele Köpfe hätte es dann für die Hinterbandkontrolle gebraucht?

Tschüß, Matthias
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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#8
Das schöne an der heutigen Zeit ist die Vergleichsmöglichkeit. Man kann sich für wenig Geld die Geräte ins Haus holen und ausprobieren und testen. Das blieb damals nur ein paar auserwählten Musikjournalisten vorbehalten. Damals musste man sich eben entscheiden. Diese Entscheidung konnte niemals objektiv sein.

Einem wirklichen Fortschritt in der Schallwiedergabe hat es im Konsumentenbereich seit 1965 m. E. eigentlich nicht mehr gegeben. Was sich geändet hat waren Produktionstechniken und Kostenstrukturen.

VG Martin
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#9
Hallo,

die Vorteile eines 3-Kopf-Gerätes liegen (meiner Meinung nach) weniger in der Möglichkeit zur Hinterbandkontrolle als vielmehr darin, daß dann Aufnahmekopf und Wiedergabekopf hinsichtlich der Spaltbreiten (und Scherung durch hinteren Spalt im AK) optimiert werden können. Die sind nämlich für beide Funktionen nicht gleich. Bei einem Kombikopf kann bestenfalls ein Kompromiß gewählt werden.
Bei einem gut eingestellten Tonbandgerät mit Spitzenspannungsaussteuerungsmesser und geeignetem Bandmaterial braucht man eigentlich keine Hinterbandkontrolle mehr, um eine ordentliche Aufnahme hinzukriegen.

MfG Kai
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#10
Moin Matthias,

vielen Dank für den sehr ausführlichen Bericht über das interessante und seltene Titan! Auch für den Hinweis auf das (noch seltenere) Ihle Bayreuth als dreimotoriges Tonbandgerät.

Zum Thema Stereo: Es hat zumindest für eine Messe im Produktionszeitraum einen Stereo-Prototyp gegeben. In einem Bericht der Funkschau zur Hannover-Messe oder zur Funkausstellung in Düsseldorf war von einer Vorführung dieses Gerätes die Rede, die genaue Ausgabe müsste ich 'raussuchen. Wirklich schade, dass die Bremer dieses Projekt nicht weiterverfolgt und das Titan überhaupt aufgegeben haben. Aber nach dem Bremer Motto "erst wägen, dann wagen" hat man das Ganze wohl kaufmännisch-nüchtern betrachtet. So gab es erst wieder 1967 mit dem 8001/T einen Dreimotorer von Nordmende, dann auch in Stereo und mit drei Tonköpfen.

Was die Leute damals mit einem Titan & Konsorten gemacht haben, kann man ja ggfs. auf den alten Bändern hören. Auf mein Sammelsurium bezogen waren das meist Aufnahmen vom Radio, von Platten, in kleinnem Umfang auch schon vom Fernesehen und eher selten "eigene" Aufnahmen mit dem Mikrofon. Besonders die Klassikfans hatten ja mit der Spieldauer von 1,5 Std. (eine Seite Langspielband bei 9,5 cm/s) oder gar 2 Std. (dto, Doppelspielband) die Möglichkeit ganze Sinfonien u. ä. am Stück aufzunehmen. In den meisten Fällen waren die Geräte also "Musikmaschinen".

Viele Grüße,

Bernd
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#11
Gegen den Preisbrecher Grundig bekam man damit, Technik hin..Technik her, halt keine Schnitte.

http://grundig.pytalhost.com/GRUNDIG%20T...ospekt.pdf

Die Friktionsprobleme im Grundigantrieb kamen halt erst mit der Zeit als die Reibräder so langsam abnutzten und aushärteten. Allerdings war die Titan wie man am Zinkfrass sehen kann auch nicht für die Ewigkeit gebaut. Schwer aus heutiger Sicht dem alten Max einen Vorwurf zu machen. Er hat wohl aus den damals gegebenen Möglichkeiten das Beste gemacht.

Trotzdem ein schönes Gerät

http://hifivintage.eu/en/2-4-tracks/2172...001-t.html

VG Martin
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#12
Hallo Matthias,

auch von mir Danke für das hervorragende Titan-Portrait. Smile thumbup Smile
In seiner Preisklasse war das (der?) die Titan bei Licht betrachtet ein attraktives Angebot, besonders im zweiten Jahrgang mit verringertem Preis. Den geringen Erfolg dürfte ausgemacht haben, dass Nordmende ein Nobody im Tonbandgerätegeschäft war und dass die Zielgruppe den Dreimotorenantrieb nicht ausreichend gewürdigt hat. Denn ein TK 35 war erstens vom Marktführer Grundig, dazu klang es auch sehr gut, hatte eine Geschwindigkeit mehr (ob man die nun brauchte oder nicht!), ebenfalls Drucktastensteuerung und machte optisch ebensoviel her. Und war ein ganzes Stück billiger. Bedenkt, dass die damalige Zielgruppe (Männer "im besten Alter") technisch nicht so verständig war.

Eine Stereo-Version hätte um 1959 kommen müssen, um dem Titan längerfristig ein Standing zu gewährleisten. Nachfrage, wenn auch keine allzu große, gab es, Grundig verkaufte TK 50, 55 und dann in Vierspurtechnik TK 54 und 24, alle vier nur für Stereo-Wiedergabe, dazu TK/TM 60, später 64 als Vollstereo-Geräte.

Die Idee zu den Geräten zur Stereo-Wiedergabe "anderweitig bespielter Stereobänder" kam aus USA. Dort waren, besonders nach dem Start der Vierspurtechnik, bespielte Bänder der Plattenkonzerne en vogue (und blieben es bis in die 70er Jahre hinein). Sie waren mit 19cm/s bespielt und boten damit sehr gute Qualität. Zuvor hatte es sogar ab 1956/57 in USA sogar bespielte Stereobänder in Zweispurtechnik gegeben, also deutlich vor dem Start der Stereo-LP. Diese Bänder waren damit die allerersten Stereo-Tonträger für den Endverbraucher. Sie spielten aufgrund der hohen Bandkosten (nur ein Durchlauf!) nur eine kleine Rolle, eine Sache für Fans. Erst die Vierspurtechnik brachte den Durchbruch.

Für diese Bänder waren in den USA folgerichtig Tonbandgeräte für Stereowiedergabe (und Mono-Aufnahme) verfügbar. In der Annahme, dass derartige Bänder auch in Deutschland eingeführt werden, brachten die großen deutschen Hersteller ebensolche Modelle an den Start; Grundig die oben erwähnten vier, Uher 1959 die Typen 750 und 760, Philips das RK 70 alle drei Zweispurgeräte) und Telefunken das Magnetophon 85 stereo. Letzteres war ein Rohrkrepierer; ob und wie lange (besser: wie kurz) die Serienfertigung lief ist mir nicht bekannt, schließlich stellte sich schnell heraus, dass vorbespielte Stereobänder in Deutschland keine Perspektive haben. Gegeben hat es jedenfalls einige Exemplare M85 stereo (vielleicht stelle ich meines hier mal vor :whistling: ). Einem Philips RK 70 bin ich nie begegnet, Grundig TK 50, 54 und 55 tauchen regelmäßig auf.


Jedenfalls war der Verzicht Nordmendes auf eine Stereo-Version aus Sicht des Marktes inkonsequent. Ich vermute aber, dass die ohnehin geringen Verkaufszahlen des Titans eventuelle Pläne für eine Ausweitung des Programms vom Bremer Tisch gefegt haben.


Beste Grüße
Stefan
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#13
Moin, moin,

danke für die Blumen.

zunächst: Der Titan ist ein Männchen, so zumindest geht es aus den Nordmende-Publikationen hervor. Also "der Titan ..."

Wenn die Zahlen von Grundig stimmen, 74% Marktanteil !!!, und man bedenkt, dass dann wohl noch Telefunken und Uher mit relevanten Anteilen kamen, Nordmende mit zum Beispiel Saba konkurrierte, kann man sich vorstellen, dass für die Bremer nicht viel Prozente vom Umsatz-Kuchen übrig blieben.

Grad ein ganz neuer Produkt-Bereich fährt den Gewinn nicht vom ersten Tag an ein. Grundig hatte zu dieser Zeit die Produktionsstätte für Bandgeräte wohl schon amortisiert gehabt. Hier musste eine laufende Serie ihre (weiter-) Entwicklungskosten, die Einrichtung der Fertigungsstrecke und natürlich die laufenden Produktionskosten (Materialverbrauch, Löhne etc.) bezahlen. Bei einem "ersten Modell" sind die Start-Kosten deutlich höher. Da schlägt nicht nur die Entwicklung sondern auch die Entwicklung der Fertigungs-Methode, die Anschaffung von Maschinen, das Freimachen von Kapazitäten usw. zu Buche. Wenn so eine Produktion länger läuft, kann man solche Kosten über einen längeren Zeitraum strecken. Aber wenn die erhofften Umsätze nicht kommen, hängt jede Reißleine sehr nahe. Wie hoch mögen die Stückzahlen des Titan gewesen sein?
Man darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen, Nordmende hatte erheblichen Erfolg im Rundfunk- und Fernseh-Bereich gehabt, hatte hier zu den Großen gezählt. Und wenn ein Kaufmann auf die Zahlen schaut, was das Werk an TV verdient und was es an Tonband verdient, wird "das Tonband" es schwer haben, weitere Entwicklungskosten zu rechtfertigen.

Aus den USA war eine "HiFi-Welle" nach Europa geschwappt. "HiFi" wurde sogar auf der Weltausstellung präsentiert. Nur war das Verständnis bei der Kundschaft und auch bei den Medien, was das eigentlich solle, bei weitem nicht so groß gewesen, dass es Aufwand zu rechtfertigen schien. Stattdessen versuchte man neue Käuferschichten in der Masse für die eigenen Produkte zu interessieren. Und die kauften halt nicht HiFi und auch keine drei Motoren, neue Bremsen-Vorrichtungen oder Mischpulte, sondern die wollten anscheinend in erster Linie einfach zu bedienende und mobile Musikgeräte habe. Keinen Titan

Ich denke, in der zweiten Hälfte der Fünfziger Jahre war die Erwartung an die Stereofonie groß gewesen. Dann war eine Ernüchterung gefolgt. Dass in dieser Phase Grundig, Telefunken und Uher, also die "Großen" der Sparte, voran gegangen waren, ist eigentlich normal. Nordmende machte ja auch "stereo": bei den Radios, wo man gut aufgestellt gewesen war. Aber dort wird auch deutlich, das die Stereofonie zunächst einmal ein Problem dargestellt hatte. Die Radios waren plötzlich stereofon, hatten aber weder teurer noch größer werden dürfen. Infolgedessen blieb die Ausgangsleistung identisch, verteilte sich aber auf zwei Kanäle, blieb die Zahl der Lautsprecher identisch, verteilte sich aber auf zwei Kanäle ... Bei manch eingeführtem Gerät verschwand das "HiFi"-Logo. War HiFi nicht relevant oder hatte der aufwand für "stereo" dafür gesorgt, dass die Qualität nicht hatte gehalten werden können?

Für einen Titan hätte das bedeutet, das Gerät hätte größer und wohl auch teurer werden müssen, oder man hätte möglicherweise die Qualität nicht halten können. Wie verkauft man ein Gerät, das klanglich schlechter geworden ist, für das es aber kaum stereofone Quellen gibt und für das es auch kaum stereofone Übertragungsanlagen im Haushalt gibt. Oder war etwa zu erwarten gewesen, dass der Titan-Besitzer sich extra Außenlautsprecher anschafft und hinstellt?

In Anbetracht der mit dem monofonen Titan erzielten Stückzahlen wird man wohl überlegt haben, ob die Stereofonie wirklich einen Umsatzschub hatte erwarten lassen können, oder nicht. Im Ergebnis scheint man erwartet zu haben, dass nicht. Also hat man das entwickelt und angeboten, von dem man glaubte, dass der Markt das erwartet: mono und mobil: Exklusiv und Titanette.

Tschüß, Matthias
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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#14
Hallo Stefan & alle Röhrenkofferfreunde,

ein kleiner Schlenker zum M 85 Stereo: Eine Vorstellung ist eine gute Idee! M 85 Stereo und TK/TM 60 von Grundig waren ja hierzulande die ersten Tonbandgeräte in Stereo. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, sind beim M 85 Stereo schon weite Teile transistorisiert?

Grüße,

Bernd
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#15
Hallo Bernd,

ja, das werde ich dann irgendwann demnächst mal machen. Erstmal nur so viel: Das M85 stereo hat zusätzlich (!) einen Stereo-2/2-Wiedergabekopf und einen Stereo-Wiedergabeverstärker mit OC-Transistoren auf einer gedruckten Platine. Das alles arbeitet in Schalterstellung Stereo, In Stellung Mono arbeitet das übrige, mit dem normalen M85 identische Gerät.

Das TM 60 war im Gegensatz zum M85-Ste ganz regulär im Programm. Das TK 60 kam deutlich später heraus (die genauen Daten muss ich mal zu Hause nachschlagen). Der gesamte Verstärker des TM 60 wurde zur Entwiclung des TK60 nochmal komplett umkonstruiert. Ein nettes Detail beider sind die beiden EL 95 für die Hf. Eine als Oszillator, eine als Nachverstärker für das zweite Löschkopfsystem.

Gruß
Stefan Roßbach
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#16
N' Abend Stefan,

es gab schon kuriose Konstruktionen. Der genaue "Start" des TK 60 würde mich wirklich interessieren. Bei mir liegt eine Broschüre von Grundig über "Stereophonie", in der neben diversen Musikschränken auch das TK 60 erwähnt wird. Allerdings noch mit einem völlig anderen Gehäuse ohne Lautsprecher, die sind in einem zweiten Koffer untergebracht. Gesehen habe ich diese Version aber noch nie. Leider ist das Heft undatiert, das bekannte TK 60 mit den links und rechts angehängten Boxen ist dagegen in der TI vom August '59 zu sehen.

Hatte zwar jetzt nichts mit dem Titan zu tun, es sind aber doch artverwandte Zeitgenossen...
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#17
Matthias, hatte diese Maschine deinen Schraubendreher-Bit "gefressen"?

niels
Wer bei Stereoaufnahmen kein Gegenspur-Übersprechen haben möchte, sollte Halbspur-Maschinen verwenden.
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#18
niels,'index.php?page=Thread&postID=203991#post203991 schrieb:... hatte diese Maschine deinen Schraubendreher-Bit "gefressen"? ...

Hallo Niels,

Du hast es erraten. Deshalb war der Motor ausgebaut und offen Wink

Tschüß, Matthias
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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#19
Lieber Matthias,

nicht böse sein,
nochmal ganz kurz zum TK 60, weil Bernd doch gefragt hat: Das TM 60 wurde im Septemberheft 1958 der TI ausführlich vorgestellt. Im VDRG-Handbuch 1958/59 ist es mit Preis enthalten. Darin ist allerdings auch schon ein TK 60 ("mit 5 Lautsprechern") angekündigt, noch ohne Preis. In der TI wurde das TK 60 erst im Augustheft 1959 ausführlich vorgestellt. Vermutung also: TM 60 erschienen zum Jahrgang 1958-59 (also im Sommer 58), TK 60 zum Jahrgang 1959-60 (also zur Funkausstellung '59).


Nun aber zurück zum Nordmende, denn das war ja, wie Dittsche sagen würde, ein REINER TITAN!

Gruß

Stefan
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#20
Nur mal am Rande. Hatte gestern im Regionalfernsehen eine Sendung gesehen wonach eine Firma in Nordbayern dick mit Metall-3D Druck ins Geschäft kommen möchte. Diese Technik könnte ja eine Möglichkeit sein so alte Flagschiffe wieder auf Kurs zu bringen...

VG Martin
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#21
leserpost,'index.php?page=Thread&postID=204045#post204045 schrieb:... Diese Technik könnte ja eine Möglichkeit sein so alte Flagschiffe wieder auf Kurs zu bringen...


Hallo Martin,

Metall-Druck gibt es bundesweit.

Bislang habe ich allerdings nur vergleichsweise exorbitante Preise zu hören bekommen.
Für den Prototypen-Bau lohnt sich das wohl schon, weil hier die Flexibilität zählt. Bei Kleinserien war zumindest im Winter noch die Guss-Form preiswerter.

Ich hatte mich bei einer Firma interessiert, die im Rahmen einer Kunstaktion die Ausstellungsobjekte gemacht hat. Das war für die aber eine Werbeveranstaltung gewesen, um sich ins Gespräch zu bringen. Ersatzteile für Bandmaschinen sind da wohl nicht öffentlichkeits-wirksam genug, um den Preis zu reduzieren.

Im Gegensatz zu anderen Druckverfahren ist die Selektive Laser-Schmelze noch recht langwierig und kompliziert und damit teuer. Während Du beim Kunststoff-Druckverfahren Dein fertiges Teil direkt aus dem Drucker holen kannst, wird beim Metall-Druck noch eine Nachbearbeitung, eine Backen bei 1.000°C und eine Politur fällig. Letzteres brauchen wir vielleicht nicht, doch macht der Rest die Sache teurer ... Zumindest derzeit. Man wird sehen.

Tschüß, Matthias
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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